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FDP-Politiker über Drohnen-Pläne„Wir müssen nicht alles einsetzen“

Verteidigungsminister de Maizière will Kampfdrohnen für die Bundeswehr. FDP-Politiker Hartfrid Wolff fürchtet einen „Schritt in Richtung unbegrenzter Kriege“.

Die USA haben sie schon lange: Eine Kampfdrohne Typ Predator beim Start von einer Militärbasis im Irak. Bild: reuters
Wolf Schmidt
Interview von Wolf Schmidt

taz: Herr Wolff, „wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, wenn alle anderen die Eisenbahn entwickeln“, sagt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), um zu begründen, warum Deutschland Kampfdrohnen braucht. Sie hat er nicht überzeugt?

Hartfrid Wolff: Nein, noch nicht. Für mich ist der Einsatz von bewaffneten Drohnen weder banal noch ethisch neutral. Kampfdrohnen werden in verschiedenen Ländern unterschiedlich eingesetzt, bis hin zur gezielten Tötung von Menschen, die als gefährlich betrachtet werden. Das ist wie eine Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren.

De Maizière hat klar gemacht: Es werde keinesfalls grenzüberschreitende Angriffe der Bundeswehr zur Terrorbekämpfung geben, wie es die USA in Pakistan oder dem Jemen praktizieren. Sondern nur im eng umgrenzten Rahmen von Auslandseinsätzen wie in Afghanistan, die der Bundestag abgesegnet hat. Wo ist das Problem?

Das ist richtig und wichtig. Und dennoch stellt die Drohne für mich eine Technologie dar, die weniger defensiv ist als andere konventionelle Waffen. Es gibt in modernen Kriegen schon lange kein klar abgrenzbares Schlachtfeld mehr. Drohnenangriffe sind für mich aber ein Symbol für einen weiteren Schritt in Richtung unbegrenzter Kriege.

Was ist denn der Unterschied, ob jemand mit einer Rakete aus einem Kampfjet angegriffen wird oder von einer Drohne, die von einem Piloten auf dem Boden ferngesteuert wird?

Eine Rakete aus einer Drohne trifft gezielt und unvermittelt ihr Ziel. Gesteuert wird sie aber aus hunderten Kilometer Entfernung, ohne direkten Sichtkontakt. Das ist schon ein Unterschied. Wir brauchen hier klare rechtliche Grundlagen und Kontrollmechanismen. Und wie sieht eigentlich die Ausbildung eines solchen Joystick-Schützen aus? Woher kommen die Informationen für die Ziele? Auf all diese Fragen hätte ich gerne eine Antwort.

Bild: privat
Im Interview: Hartfrid Wolff

Der 42-Jährige ist Vorsitzender des Arbeitskreises Innen und Recht der FDP-Bundestagsfraktion und sitzt im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste.

Drohnen können Leben schützen, auch das ist ein Argument des Verteidigungsministers. Das von deutschen Soldaten, aber wegen ihrer Präzision auch das von Zivilisten, weil „Kollateralschäden“ vermieden würden, so de Maizière.

Der Schutz der eigenen Soldaten ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Und es ist auch ein legitimes Ziel, Waffensysteme dahingehend weiterzuentwickeln. Ich will aber, dass die defensive Grundstrategie der Bundeswehr erhalten bleibt.

Es geht also um ein Unbehagen?

Ja, ich habe ein Unbehagen, dass Kriege sich ausweiten und der Einsatz von Drohnen im Einsatzgebiet zu einem Dauergefühl der Bedrohung führt. Und zwar nicht nur bei denen, die man bekämpfen will, etwa die Aufständischen in Afghanistan, sondern auch unter der Zivilbevölkerung. Das könnte wiederum zu einer Radikalisierung führen und negative Folgen für Deutsche vor Ort haben. Dazu kommt, dass Deutschland ja in den wenigsten Fällen alleine im Ausland agiert, sondern im Verbund mit anderen Ländern. Es ist deshalb wichtig, dass wir festlegen, wo die Grenzen sind. In den USA hat der Kongress erst jetzt erfahren, auf welcher Grundlage Drohnen seit Jahren zur Terrorbekämpfung eingesetzt werden.

Glauben Sie wirklich, dass ein deutscher Minister oder gar Geheimdienstchef je eine Liste mit Terroristen aufstellen könnte, die zum Abschuss freigegeben sind?

Nein, denn ein solches gezieltes Töten von Terrorverdächtigen würde der Verfassung widersprechen. Das ändert aber nichts daran, dass der Einsatz von bewaffneten Drohnen die Kriegsführung verändert. Deshalb muss in meinen Augen bei jedem Auslandseinsatz der Bundestag im Vorfeld entscheiden, ob das Mandat den Einsatz von bewaffneten Drohnen beinhaltet oder nicht. Die Politik muss sich hier in jedem Einzelfall Gedanken dazu machen.

Herr Wolff, für ein Argument müssten Sie aber als FDP-Mann doch empfänglich sein: Die deutsche Rüstungsindustrie würde sich sicher freuen, irgendwann eigene Kampfdrohnen herstellen zu dürfen.

Wir müssen nicht jede Technologie, die existiert, einsetzen - egal ob deutsche oder ausländische Firmen sie herstellen.

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12 Kommentare

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  • G
    Gabriel

    Ich empfehle, in einer islamistischen Diktatur zu leben und dann noch einmal über den "joystick"-Krieg nachzudenken.

     

    Schon der Begriff "joystick" ist eine unzulässige Manipluation des Lesers.

     

    Hat der amerikanische Pilot in 8km Höhe, der das Flächenbombadrement deutscher Städte im 2. Weltkrieg durchführte, je ein Opfer gesehen?

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Das sind die Schattenseiten der FDP: Uninformierte Bedenkenträger. Hätte er sich doch ein paar Informationen eingeholt, so klänge er nicht wie ein Redner auf dem Kirchentag.

    Ein Soltat, der eine Drohne steuert, ist optisch dichter am Geschehen als ein Pilot, der aus einem Kampfjet eine Hellfire abfeuert. Und ständige Angst müssen Zivilisten bei Drohnen eben nicht haben. Das ist eher der dümmlichen Propaganda geschuldet.

  • S
    sigibold

    Leute, die Frage ist nicht ob wir Kampfdrohnen für die Bundeswehr anschaffen sondern nur wann wir das tun werden. So gefährlich die jetzigen Kampfdrohnen auch sein mögen. Sie sind doch erst der Start in eine neue Technologie. Der nächste oder übernächste Schritt wird der ferngesteuerte Jagdbomber sein, der schneller und wendiger als eine von Piloten gesteuerte Maschine sein wird.

    Ein ferngesteuertes Flugzeug kann Beschleunigungen und Radien fliegen, die nur durch das Flugmaterial begrenzt sind. Die Befindlichkeiten des Piloten spielen keine Rolle mehr. Diese Dinger werden von PC-Piloten gesteuert die nicht nicht um ihr eigenes Leben fürchten müssen, die keinen Blackout bei zu hoher Beschleunigung haben. Sie werden jeden heutigen Kampfjet in den Schatten stellen. Es wird ein neues Level erreicht werden. Wir sind schon voll dabei. Die Frage " Ob " stellt sich gar nicht. Es geht nur darum, ob das Thema vor oder nach der nächsten Wahl angegangen wird. Vergesst die Sozialromantik. Hier geht es um neue strategische Techniken. Denen können wir gar nicht entgehen. Die Entscheidungen sind längst gefallen.

  • G
    Gunnar

    Für mich ist das einzige schlüssige Argument für die Drohnen, dass man das Leben der eingenen Soldaten schützen möchte.

     

    Wenn man das aber möchte, so sollte man sie nicht in Kriege schicken!

  • A
    andreas

    Drohnen sind mir allemal lieber als das von der Politik gesandte Soldaten abgeknallt werden.

    Aber ich verstehe, das abfeiern wenn mal wieder eine deutsche SoldatIN gestorben ist fällt dann natürlich aus. Und welcher Berufslinker will darauf schon verzichten ?!

    Fragen über Fragen...

     

    P.S. Und wenn einer Drohnen zum Einsatz bringen würde dann wäre das ROT/GRÜN. Zu den Herrschaften passt Krieg wie die Faust aufs Auge ;0)

  • N
    naseweiser

    Es ist nur albern , eine Waffe nach dem neuesten Entwicklungsstand aus Furcht vor Mißbrauch nicht im militärischen Arsenal haben zu wollen . Entscheidend allein ist , wer unter welchen Voraussetzungen über ihren Einsatz verfügen darf . Von der Kommandostruktur her unerträglich war schon das Tankerbombardement bei Kundus . Von der Auslöschung vielköpfiger Hochzeits- und Trauergesellschaften durch amerikanische Einsätze garnicht zu reden .

    Eine rechtliche Abgrenzung zu dem , was für D nicht gelten kann beim evtl. Einsatz von bewaffneten Drohnen ,gibt es ja schon : die Praxis unserer "Vormacht" - die angemaßte Lizenz zum Töten von gefährlichen Personen "auf Verdacht" .

  • K
    KlausK

    Gibt es böse und liebe Drohnen?

     

    Sobald die Bundeswehr im Besitz dieser Waffen ist, werden sie auch eingesetzt: In irgendeinem Grenzgebiet zu irgendeinem Land, dessen böser Herrscher gerade sein Volk niedermacht.

    Selbstverständlich dann aber schlimmstenfalls unter Befehlsgewalt der guten NATO. Also können die BW-Drohnen natürlich nur liebe Drohnen sein.

  • S
    Sabiene

    Kampfdrohnen in der Bundeswehr?

     

    Killerbienen ins Verteidigungs-(Kriegs)ministerium.

  • TH
    Trigger Happy

    Dieser Artikel von euch passt auch sehr gut zu dem heutigen Artikel:

     

    RÜSTUNGSFORSCHUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG

    Vielfältig nutzbare Ergebnisse

    http://www.taz.de/!92990/

     

    Den Splitter im Auge des Anderen zu suchen ist ein Hobby der Linksgrünen.

  • FA
    Frank aus Polen

    Man kann es fast nicht glauben. Etwas äußerst vernünftiges aus einem FDP-Mund. Ich gratuliere Ihnen, Herr Hartfried Wolff, für soviel Menschenverstand und Verantwortung. Besonders Ihr letzter Satz hat mich beeindruckt: "Wir müssen nicht jede Technologie, die existiert, einsetzen - egal ob deutsche oder ausländische Firmen sie herstellen" - Es wäre schön, wenn Sie diesen Satz auch auf andere Felder der Technik und auch Gesellschaft umsetzen würden.

    Mfg

    Frank Burghart

  • T
    tazitus

    Droh(n)en für Fortgeschrittene.

  • V
    vic

    Solche kriegsgeilen Leute wie de Maizière sollten gerade dieses Amt nicht erhalten.

    Keinesfalls aber "Verteidigungs"minister nennen.

    Schön zu hören, dass einer aus der FDP doch noch zu was gut ist.