FDP-Politiker Jörg-Uwe Hahn: Königsmacher mit Asien-Phobie
Jörg-Uwe Hahn, der einen „asiatisch aussehenden Vizekanzler“ infrage stellt, ist Pragmatiker. Alles geht – wenn's dem eigenen Machterhalt dient.
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Andrea Ypsilanti ihren FDP-Kollegen Jörg-Uwe Hahn bei einem gemeinsamen Flug von Berlin nach Frankfurt nicht so beflissen ignoriert, sondern besser mal umgarnt hätte.
Vielleicht hätte er dann bald darauf ihrem immer flehenderen Drängen nachgegeben, mit SPD und Grünen eine Ampel-Koalition einzugehen – und Hessen wäre seit 2008 wieder von der SPD regiert.
So aber stellte sich ein offenbar gekränkter Jörg-Uwe Hahn taub und sicherte mit seiner Nibelungentreue einmal mehr Roland Koch das Amt. Schon 2000 hatte er dem Ministerpräsidenten die Stange gehalten, als der im Zuge der Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU bei einer Falschaussage ertappt worden war und selbst seine FDP-Freunde dessen Rücktritt forderten.
Ansonsten gilt der Mann, der mit rassistischen Äußerungen gegenüber FDP-Chef Philipp Rösler für Empörung sorgte, als Pragmatiker, der umgekehrt schonmal bei den Grünen nach einer möglichen Jamaika-Koalition vorfühlt, wenn’s dem eigenen Machterhalt dient.
In der Rolle als Königmacher gefällt sich der 57-jährige Anwalt aus Bad Vilbel. Geboren in Kassel und aufgewachsen in Friedberg, trat er schon während des Studiums in Frankfurt am Main der FDP bei – und zugleich deren „gegen Kapital und Nation“ gerichteter Nachwuchsorganisation DJD. Auf zwei Beinen steht man besser.
Diese linksliberalen Jugendsünde ist vergessen, Hahn steht in Hessen für ein unverbrüchliches Bündnis mit der CDU. In der FDP selbst muss er zum Typus der „loose cannons“ à la Wolfgang Kubicki gerechnet werden. Er verlässt sich allein auf sich selbst und seine Hausmacht, statt sich einer Parteilinie zu beugen.
Seit 2006 ist er Landesvorsitzender der hessischen FDP, seit 2009 macht er als stellvertretender Ministerpräsident und Ressortchef für Justiz, Integration und Europa einen eher unauffälligen Job. Hahn, evangelisch, verheiratet und Vater zweier Kinder, war Schirmherr von Integrationskonferenzen, Verleiher von Integrationspreise und Unterstützer der sechs hessischen „Modellregionen Integration“.
Zuletzt setzte er sich für islamischen Religionsunterricht an den Schulen ein, wie er sich manchmal auch für die Entlassung von Trainern der Eintracht Frankfurt einsetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland