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FDP-Parteitag in DresdenLindner wettert gegen AFD und GroKo

Meinungsforscher sehen die FDP vor der Europawahl nur bei drei Prozent. Der Parteichef fordert in Dresden nun „klar und kantig“ aufzutreten.

Findet nur seine Partei habe den Mut, klar Ja zu Europa zu sagen, das Frieden und Wohlstand sichere: FDP-Chef Christian Lindner. Bild: dpa

DRESDEN dpa | Mit scharfen Attacken gegen die eurokritische AfD und die große Koalition will die FDP im Wahlkampf-Endspurt bis zur Europawahl punkten. Seine Partei gebe keine einzige Wahl verloren: „Man kann nicht kämpfen, wenn man die Hosen voller als das Herz hat“, sagte der Vorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, am Samstag bei einem Parteitag in Dresden. Die AfD gehe bei der Europawahl mit rechtslastigen Parolen auf Stimmenfang. Das erinnere an die Kampagne der Republikaner im Jahr 1989, als diese 7,1 Prozent geholt hatten: „Das ist Republikaner reloaded“, sagte Lindner.

Unter den Parteien habe nur die FDP den Mut, klar Ja zu Europa zu sagen, das Frieden und Wohlstand sichere. Meinungsforscher erwarten, dass die FDP bei der Europawahl am 25. Mai nur auf 3 Prozent kommt, die AfD auf 6. Im EU-Parlament wäre die FDP damit aber vertreten. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Drei-Prozent-Hürde aufgehoben.

Bei der Bundestagswahl im September waren die Liberalen erstmals an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, bei der Europawahl 2009 hatten sie noch 11 Prozent geholt. Lindner hielt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, bei der Aufklärung der NSA-Affäre versagt zu haben. Merkel habe bei ihrem Besuch bei US-Präsident Barack Obama in Washington kein Wort dazu gesagt, dass der US-Geheimdienst NSA sich auf deutschem Boden an deutsches Recht halten müsse: „Das nenne ich Feigheit vor dem Freund.“

In Berlin verspiele Merkels schwarz-rotes Bündnis mit teuren Wahlgeschenken die gute Lage des Landes. „Die große Koalition ruft die Happy Hour aus. Aber auf die Happy Hour folgt in der Regel der schlimmste Kater.“ Die Erfolge bei Haushalt, Arbeitsmarkt und Sozialkassen seien auch der FDP zu verdanken, die vier Jahre mit der Union regiert hatte: „Das können wir mit großer Souveränität sagen.“

Abbau der kalten Progression

Lindner bezeichnete die geplante Rente mit 63 und die Mütterrente als schwere Fehler. Die meisten Mütter wären sicher bereit, auf 28 Euro mehr im Monat von Schwarz-Rot zu verzichten, wenn mehr Geld in die Bildung ihrer Enkel fließe. Die FDP schlägt vor, künftig alle versicherungsfremden Leistungen aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren.

Angesichts Rekordsteuereinnahmen müsse die Koalition endlich den Abbau der kalten Progression angehen: „Wolfgang Schäuble bereichert sich am Lohnplus der Facharbeiter in Deutschland“, sagte Lindner. In der Energiepolitik kämen Union und SPD ebenfalls nicht voran: „Eine Energiewende, die die Preise nicht reduziert, ist in Wahrheit gescheitert.“ Seiner eigenen Partei machte er Mut, nach dem historischen Scheitern bei der Bundestagswahl wieder offensiv um die Bürger zu werben.

Die FDP müsse „klar und kantig“ auftreten. „Wir markieren eine echte Lücke“, meinte Lindner, der die Liberalen 2017 zurück in den Bundestag bringen will. Neben der Europawahl gilt die Landtagswahl Ende August in Sachsen, wo die FDP bisher mit der CDU regiert, als Bewährungsprobe für den 35-jährigen. Der sächsische FDP-Spitzenkandidat und Landeschef Holger Zastrow kündigte in Dresden an: „Wir wollen die letzte schwarz-gelbe Bastion in Deutschland verteidigen.“

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7 Kommentare

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  • Nicht verwunderlich dass die anti-europaeischen Parteien gewinnen nach soviel Missgeschick aus Bruessel.Kriege,Krisen,schlechtes Ansehen der EU i/d Welt,das hemmungslose Ausspionieren von EU-Buergern,das Stuermen der EU-Grenzen von Fluechtlingen deren Existenz von den EU-Kriegen vernichtet wurde,EU-Politiker die Revolution auf UkraineMaidanplatz schueren,alles ist von Bruessel gekommen.Also muss da etwas gruendlich geaendert werden.Anti-EU-Stimmen sind nicht unbedingt anti-europaeisch sondern Proteststimmen gegen die gefuehrte Politik der letzten 20 Jahre inkl. von der FDP und mit der jetzigen PolitikerGeneration in Bruessel laesst sich das nicht aendern

  • Diese Partei ist nur etwas für [ ... Die Red.: Beleidigung entfern, bitte halten Sie sich an die Netiquette] und Spekulanten . Westerwelle hat doch das wahre Gesicht dieser Partei gezeigt . Wie die Konservativen -, sind sie erst mal dran gechieht nichts . Man macht ein paar Geschenke für die Stammwähler -, das wahr's dann schon . Das sind die Leute die mit ihren eigenen Händen ihr Geld verdienen .

  • Wer braucht diese bedeutungslose und faktisch unwichtige neoliberale Zombietruppe überhaupt noch ?

  • Eigentlich ist die fdp es nicht wehrt, als das man auch nur ein Wort über sie verliert. aber gesagt werden muss, dass mit den Hartz-IV-Reformen viele Menschen in die Armut geschickt wurden. Die Arbeitnehmer verlieren seit fast einem Jahrzehnt an Kaufkraft. Viele bekommen keine Lohnerhöhungen – und wenn, dann liegen diese deutlich unter der Inflationsrate, wie zuletzt der Abschluss im ö.D. Nun kommt hinzu, dass Arbeitskräfte aus Portugal und Griechenland aus ihren Heimatländern gedrängt werden und in Deutschland Arbeit suchen. Sie sind natürlich bereit, für weniger Geld zu arbeiten als die Bundesbürger. Das generelle Lohnniveau wird dadurch gesenkt. Deutschland sind die Nr. 2. in der Lohndeppenliste Europas. So droht Europa flächendeckend seine Prinzipien und seine sozialen Errungenschaften zu verlieren. Und daran sind die FDP, die CDU/CSU, die SPD und die Grünen schuld. Und die FDP? Sie hatte nun wirklich Zeit genug die kalte Progression abzuschaffen. Diese Parteien sind einfach von "normalen" Wählern nicht (mehr) wählbar.

  • Wieder Lindner-Wochen bei den deutschen Medien?

     

    Die FDP hat die Hose nicht mehr voll. Da ist kein Geld mehr drin. Und mit drei Prozent der Stimmen wird das auch nicht besser. Wer nach der "happy hour" schon einen Kater hat.... ist nicht besonders trinkfest.

    • @lichtgestalt:

      Lindnerwochen bei den deutschen Medien und Linksphobie der meisten deutschen Journalisten.

       

      @Traumatänzer, Lindner ist mit einer ZEIT-Journalistin verheiratet. Die ZEIT: Joffe!!! Mehr muss man nicht sagen. Und was die TAZ betrifft...muss man beobachten und abwarten.

      • @Willi:

        Wer einmal bei Wikipedia den Lebenslauf des Herrn Lindner liest, darf vermuten, dass der Mann für seine Karriere vor nichts zurückschreckt.

         

        (Da wir uns hier auf eine dpa-Meldung beziehen, wollen wir die taz mal nicht haftbar machen. :) Aber auch sie wird mit der Zeit gehen.