Extremer Monsun: Mindestens 344 Tote bei Sturzfluten in Pakistan
Hunderte Menschen werden noch vermisst. Die Behörden sprechen von „sehr geringen“ Überlebenschancen.

Tausende Rettungskräfte waren im Einsatz, um von Schlammlawinen begrabene Gebäude freizuschaufeln und nach möglichen Überlebenden zu suchen. Für die kommenden Tage wurden weitere starke Regenfälle erwartet.
Die schwersten Schäden durch die Überflutungen wurden aus dem Bezirk Buner in Khyber Pakhtunkhwa gemeldet. Ein Sprecher der dortigen Rettungsdienste sprach der Nachrichtenagentur AFP gegenüber von 208 Todesopfern, insgesamt seien „zehn bis zwölf Ortschaften“ teilweise unter den Schlammmassen begraben worden.
„Mindestens 150 Menschen“ würden in Buner zudem vermisst und seien möglicherweise unter den Trümmern ihrer Häuser verschüttet oder von den Wassermassen fortgespült worden, erklärte der Leiter der Katastrophenschutzbehörde der Provinz, Asfandyar Khattak. Strom und Mobilfunknetz seien aufgrund von Schäden an Leitungen und Antennen ausgefallen. Im nahegelegenen Bezirk Shangla würden weitere „dutzende“ Menschen vermisst gemeldet.
Hilfs-Hubschrauber verunglückt
Beim Transport von Hilfsgütern im Bezirk Mohmand in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa stürzte laut Behördenangaben ein Hubschrauber ab. Fünf Besatzungsmitglieder, darunter zwei Piloten kamen ums Leben. Der Hubschrauber stürzte demnach wegen schlechten Wetters ab.
Unterdessen suchten Rettungskräfte weiter nach Überlebenden unter den Trümmern. „Starker Regen, Erdrutsche in mehreren Gebieten und unterspülte Straßen“ erschwerten die Hilfseinsätze erheblich, sagte ein Sprecher der Rettungsbehörde der Provinz Khyber Pakhtunkhwa am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde waren 2.000 Rettungskräfte im Einsatz, um Leichen aus den Trümmern zu bergen und in neun betroffenen Bezirken Hilfe zu leisten. Da die Straßen in den meisten betroffenen Gebieten gesperrt seien, seien Rettungskräfte zu Fuß unterwegs, um in abgelegenen Regionen zu helfen, sagte der Behördensprecher in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa weiter. Die Überlebenschancen der Verschütteten stufte er als „sehr gering“ ein.
AFP-Reporter berichteten aus dem Bezirk Buner von von Schlammlawinen bedeckten Wohnhäusern und Läden, versunkenen Fahrzeugen und auf der Straße verstreuten persönlichen Habseligkeiten. „Ich dachte, die Welt geht unter“, erzählte Anwohner Azizullah AFP-Reportern. „Der Boden bebte unter der Kraft des Wassers. Es hat sich so angefühlt, als würde mir der Tod direkt in die Augen sehen.“
„Wir haben immer noch keine klare Vorstellung davon, wer in diesem kleinen Dorf überlebt hat und wer tot ist“, sagte der Lehrer Saifullah Khan. „Ich helfe, die Leichen der Kinder zu bergen, die ich unterrichtet habe. Ich frage mich immer wieder, welche Art von Prüfung die Natur diesen Kindern auferlegt hat.“
Die Regionalregierung in Khyber Pakhtunkhwa erklärte sechs schwer betroffene Bergregionen zu Katastrophengebieten. Das Wetteramt warnte vor weiterem Starkregen im Nordwesten des Landes und rief die Bevölkerung auf, „Vorkehrungen“ zu treffen. Der Monsunregen werde in den kommenden zwei Wochen noch zunehmen, sagte ein Vertreter der Katastrophenschutzbehörde der Nachrichtenagentur AFP.
In von Pakistan verwalteten Gebieten der angrenzenden Region Kaschmir kamen Behördenangaben zufolge elf weitere Menschen ums Leben. Weitere neun Menschen starben in der nördlichen Region Gilgit-Baltistan.
Sturzfluten und Erdrutsche sind in Pakistan während der Monsunzeit üblich, die in der Regel im Juni beginnt und Ende September abklingt. Durch den Klimawandel ist laut Weltklimarat aber noch von einer Zunahme des Niederschlags in dieser Periode zu rechnen – die Probleme verschärfen sich also. Seit Beginn der diesjährigen Monsunzeit sind in Pakistan bereits mehr als 650 Menschen infolge der heftigen Regenfälle gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatten um Religionsunterricht
Religiöse Bildung für alle
Klöckner setzt taz mit Nius gleich
Die taz hat News für Klöckner
Wahlen in Bolivien
Der Traum ist aus
Migration neu denken
So könnte eine humane Fluchtpolitik aussehen
Kneipenlärm und Ohropax
Nachtunruhe aushalten – das ist ein Großstadt-Skill
Europas Rolle nach Alaska-Gipfel
Sanktionen reichen nicht