Extinction Rebellion Aktionstage: Polizei bremst Rebellen
Die Polizei geht mit großen Aufwand und schon mehr als 200 Ermittlungsverfahren gegen die Klimaschützer vor – verhindert die Blockaden aber nicht.
Es ist der zweite Aktionstag der „Herbstrebellion“ von XR in Berlin. Die Gruppe fordert die Politik auf, sofort Maßnahmen gegen die Klimakrise umzusetzen. Wie Sprecherin Annemarie Botzki sagt, stehen sie damit im vollen Fokus der Polizei. Schon seit den Morgenstunden würden Transporter in Richtung Regierungsviertel angehalten und überprüft, Aktivist:innen aus dem Aktionscamp am Invalidenpark seien am Morgen von Zivilbeamten verfolgt worden. Zentrales Material für die Blockade hat es deshalb nicht zur Aktion geschafft – die spektakulären Bilder, die XR kreieren will, bleiben an dieser Stelle zunächst aus.
Am Samstag sah das noch anders aus. Innerhalb weniger Minuten sperrten XR-Aktivist:innen den Straßenraum zwischen der Kreuzung Schlesisches Tor und der Ecke Falckensteinstraße. Von einem Anhänger rollte ein pinkfarbenes Mobil auf die Straße, ein fahrbares Klavier und eine mobile Küche kamen hinzu, aus einem Transporter wurden Sitzmöbel, Strohballen und Blockadeelemente zum Festketten und -kleben geholt. Ein Straßenfest, aufgebaut in Windeseile, lange bevor die ersten Polizist:innen staunend hinzukamen. Es folgten Musik und Reden, Kinderspiele und Siebdruck, ehe die Polizei den Ort nach etwa zwei Stunden einkesselte und alle Beteiligten einzeln abführte.
Wie die Polizei mitteilte, hat sie dabei 235 Personalien aufgenommen und Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Nötigung und Verstoßes gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz eingeleitet. Dazu kommen 19 Strafverfahren wegen des Verdachts auf Widerstand.
Nicht bestätigte die Polizei die Verhängung von Meldeauflagen gegen drei XR-Aktivist:innen. Der taz jedoch liegt der Bescheid gegen eine Beteiligte vor. Mit Verweis auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz wurde sie dazu verpflichtet, sich Montag und Dienstag jeweils um 8, 10 und 12 Uhr auf der Polizeiwache Sonnenallee zu melden. Alle drei Betroffenen sollen schon im Vorfeld Gefährderansprachen erhalten haben, weil sie in der Vergangenheit bei XR-Aktionen aufgefallen waren.
Ölbohrturm am Potsdamer Platz
Trotz eines Großaufgebots von 450 Beamten, darunter Unterstützungseinheiten aus Sachsen, konnte die Polizei am Montag die geplante Aktion dennoch nicht gänzlich unterbinden. Etwa eine Stunde nach der materiallosen Blockade Unter den Linden baute XR auf der Straße am Potsdamer Platz ihren mehr als drei Meter hohen Nachbau eines Ölbohrturms auf. Einen weiteren hatte die Polizei zuvor konfisziert. In kurzer Zeit sammelten sich mehr als hundert Blockierer:innen.
Trotz Warnungen, dass die höhere Ebene des Turms nur für drei Personen ausgelegt sei, kletterten Polizisten zu den oben festgemachten Aktivist:innen hinauf, um die Aktion schnell zu beenden. Trotzdem dauerte es mehrere Stunden, bis ein Bagger den Turm entfernen konnte. Unter den Linden mussten Feuerwehr und Tiefbauamt einen Teil des Asphalts lösen, um eine festgeklebte Aktivistin zu entfernen. Für Dienstag ist eine weitere Aktion angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär
Trumps Wiederwahl
1933 lässt grüßen