Ex-Werder-Manager und Bremer Senator: Willi Lemke ist tot
Willi Lemke war 18 Jahre lang Werder-Manager, später Bremer Senator, dann sogar UN-Sonderbauftragter. Nun ist er im Alter von 77 Jahren gestorben.
Und auch, wie der Sozialdemokrat Anfang des Jahrhunderts bei massiv steigender Schülerzahl mehrere Hundert Lehrerstellen kürzte, müssen Sie im Archiv nachschauen: Nachrufkompatibel ist halt einfach nur der Befund, dass der Mann mit Glatze, Nickelbrille und Schnäuzer sehr nachhaltig die Grundlage fürs Bremer Abschneiden bei Pisa und anderen Bildungserhebungen gestaltet hat. Gestorben ist er am Montag in Bremen. Der Tod sei überraschend gekommen, heißt es.
Tatsächlich wurden über den 1946 im ostholsteinischen Pönitz geborenen, in Hamburg aufgewachsenen Willi Lemke schon seit seinem Abschied aus dem Senat 2008 immer wieder Porträts verfasst, die sich wie Nachrufe lasen. Dass er gerne Bürgermeister anstelle des Bürgermeisters geworden wäre, fehlte darin oft. Und nur selten kam zur Sprache, wie viel es Deutschland kostete, ihm die Anschlussverwendung als UN-Sonderbeauftragter für den Sport zu sichern.
Manchmal wurde darüber geraunt, dass er gleichzeitig für den KGB und den Verfassungsschutz tätig gewesen sei, während der Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bremer Uni und kurz bevor er 1974 Bremer SPD-Geschäftsführer wurde. Ausgeplaudert hatte das 1993 der einstige Hamburger Verfassungsschutz-Chef Hans-Josef Horchem in einem Buch, das heute antiquarisch für 3,60 Euro erworben werden kann. „Das Etikett „Doppelagent“ werde ich nicht mehr los“, hatte Lemke damals der taz prophezeit und Recht behalten: Gerade als er 2007 Innensenator wurde, erinnerten sich viele an die Anekdote.
Widerpart des pöbelnden FC Bayern-Boss
Meist aber ging’s in den personenbezogenen Texten nur um Lemkes glorreiche Zeit als Manager beim Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, 1981 bis 1999: Gerade wieder aufgestiegen avancierte der Verein zu einer der besten Adressen des deutschen Fußballs, wurde mehrfach Pokalsieger und einmal Meister.
Die Werder-Jahre, das war die Zeit, in der Lemke als Widerpart des pöbelnden FC Bayern-Boss Ulrich Hoeneß eine schöne Medienkarriere hinlegte. Die wiederum wirkt in der Erinnerung viel strahlkräftiger, als das Archiv es hergibt. Die Gifteleien von der Säbener Straße gen Osterdeich und vice versa sind arm an bewahrenswerten Bonmots: Dass er nicht mitbekomme, was der Bayern-Manager sagt, „weil ich den Fernseher immer abschalte, wenn er auf dem Bildschirm erscheint“, das war so die Liga der von Agenturen und Sportjournalisten aufgegriffenen Sprüche.
Hier ging es eben nicht um einen Schaukampf: Während der überlebende Hoeneß jetzt genötigt ist, Lemke auch als einen Mann des Dialogs zu rühmen, hatte der noch 2016 der FAZ erklärt, dass es sich um einen echten Streit gehandelt habe, nicht um einen Fake: „Wir mochten uns nicht.“ Und das ist auch wegen ihrer entwaffnenden Ehrlichkeit eine sympathische Aussage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“