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Ex-Schüler über Odenwaldschule"Die Schule war ein Traum"

Die Vorfälle an der Odenwaldschule müssen aufgeklärt werden, auch wenn die Schule daran kaputtgeht, sagt Marc Tügel vom Verband der Altschüler. Ihm selbst habe die Zeit an der Schule "das Leben gerettet"

"Der Missbrauch war am Anfang unvorstellbar für mich." Bild: dpa
Interview von Christoph Gurk

taz: Herr Tügel, am Samstag trifft sich der Trägerverein der Odenwaldschule zu einem Krisentreffen. Schon im Vorfeld hat der Altschülerverein die Auswechslung des Vorstandes gefordert. Warum?

Marc Tügel: Einige Mitglieder waren schon 1999 im Vorstand, als die ersten Missbrauchsvorwürfe gegen den damaligen Schulleiter Gerold Becker aufkamen. Damals wurde zu wenig getan, es wurde nicht nachgeforscht, ob es noch mehr Opfer gibt und ob noch andere Lehrer involviert waren. Der Trägerverein hat die Situation falsch eingeschätzt, damit hat er der Schule nachhaltig geschadet. Der Vorstand muss deshalb ersetzt werden durch Leute, die über jeden Verdacht erhaben sind, in diese Fälle verwickelt zu sein.

Fünf der sieben Vorstandsmitglieder haben vor, zurückzutreten. Reicht das?

Die Schulleiterin, Frau Kaufmann, und der Geschäftsleiter, Herr Salijevic, können nicht zurücktreten. Laut Verfassung der Schule sind sie automatisch im Vorstand. Sie müssten also kündigen. Frau Kaufmann wird aber von uns unterstützt. Ich habe den Eindruck, dass sie das Richtige tut, dass sie alles aufklären will.

Kann über dieser Aufklärung die Schule auch kaputtgehen?

Die Gefahr besteht auf jeden Fall. Viele Eltern werden sich wohl überlegen, ob sie ihre Kinder auf die Odenwaldschule schicken.

Muss es auch Veränderungen am Konzept der Schule geben?

Es sollten Kontrollmechanismen und Ansprechpartner für die Kinder eingeführt werden, damit so etwas nie wieder geschieht. Aber das alles darf nicht auf Kosten der intensiven Beziehungen zwischen Schülern und Mitarbeitern gehen - denn das ist das Besondere und Schöne an der Odenwaldschule.

Durch den Missbrauch ist auch die Reformpädagogik in die Kritik geraten …

Sie haben in dieser Schule viele Freiheiten und man hat eine enge Beziehung zu den Lehrern. Die Erziehung zur Selbstständigkeit, das große Mitspracherecht - das habe ich alles ungeheuer positiv in Erinnerung. Aber es sind eben nicht nur Menschen missbraucht worden, sondern auch ein gutes System.

Kritiker werfen der Reformpädagogik vor, dass die enge Bindung zu den Lehrern den Missbrauch erleichtert hat.

Das mag sein. Trotzdem stehe ich uneingeschränkt hinter ihr. Was kann Ihnen denn Schöneres passieren, als dass Sie Menschen finden, die Vorbilder sind, wo sich ein persönliches Verhältnis bildet? Man kann doch nicht die Möglichkeit, gute und intensive Beziehungen aufzubauen, sofort als Förderung von Missbrauch sehen.

Von 1964 bis 1968 waren Sie Schüler an der Odenwaldschule. Wie haben Sie sie erlebt?

Ich kam mit 16 auf die Schule, aus einer sehr schwierigen familiären Situation. Dort hat man mir das Leben gerettet, die Schule war ein Traum. Sie hat mir so gut gefallen, dass ich meinen Sohn auch dorthin geschickt habe. Wir hängen beide noch sehr an der Schule, es ist deshalb hart für uns, dass Menschen diese Schule genutzt haben, um Minderjährige zu missbrauchen.

Wann haben Sie das erste Mal von den Missbrauchsfällen gehört?

Ich habe lang darüber nachgedacht, ob ich da irgendwie geschlafen habe. Die ersten Hinweise habe ich in den 90er-Jahren von meinem Sohn bekommen. Damals hatte ich aber noch nicht das Gefühl, dass etwas wirklich Verwerfliches dahintersteckt. Ich dachte, dass die intensive Beziehung, die Gerold Becker zu Kindern hatte, von manchen missverstanden wurde. Dass da sexuelle Handlungen passiert sind, war jenseits meiner Vorstellungskraft.

Gerold Becker hat den mehrfachen Missbrauch bereits zugegeben. Sie kannten ihn persönlich. Wie haben Sie ihn in Erinnerung?

Wir hatten einen langen Briefwechsel und eine Freundschaft bis nach meinem Abitur. Er war eine pädagogische Lichtgestalt für mich, ich habe ihn nur positiv in Erinnerung. Der Missbrauch war am Anfang unvorstellbar für mich. Ich habe Gerold Becker verteidigt. Inzwischen weiß ich, dass da etwas Kriminelles passiert ist, aber es war ein großes Problem, das auch mit meiner persönlichen Wahrnehmung in Einklang zu bringen.

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7 Kommentare

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  • U
    ulschmitz

    selbst OHNE "missbrauch", päderastie usw.:

    es reicht schon der ausdruck "pädagogische lichtgestalt", um mindestens die augenbrauen hochzuziehen - und wie kann man als erwachsener mensch an einer schule - und mag sie noch so toll gewesen sein - "hängen". "lichtgestalten" (wo viel licht, da viel schatten?) sind das exakte gegenteil von guter pädagogen, ebenso "charismatische persönlichkeiten" und "elite-pädagogen" - es geht darum, sagt KANT, sich "seines Verstandes ohne Anleitung anderer zu bedienen" - das gilt dann auch für den eigenen körper usw.

    man kann nur hoffen, dass sich bedeutende elemente der sog. "reformpädagogik" nicht doch noch als von vornherein "sichtschutz" und rechtfertigungsideologie für den freien zugriff auf abhängige herausstellt. wer zuviel berichte zum thema in z kurzer zeit konsumiert, könnte glat auf die idee kommen, dass es seit den anfängen der landschulbewegung (oder wie das heißt) und der internate etlichen "meister-pädagogen" (vgl. "Meister-denker" des philosophen Glucksman) lediglich darum gegangen sein KÖNNTE, kinder und jugendliche auf diesem wege aus ihren familien zu lösen und sie damit erst freizustellen als objekte für die eigenen sinistren absichten. zu hoffen bleibt auch, dass es bei einzeltätern bleibt und sich nicht doch noch am ende ein netzwerk (selbsternannter) super-pädagogen herauskristallisiert, dessen teilnehmern es um freien zugriff auf die "objekte" ihrer clandestinen begierden gegangen sein KÖNNTE. dies wäre veheerend für jede form von bildung bzw.pädagogik.

    verwundert darf der leser registrieren, dass bislang weder Herr Füller noch Herr Kahl (DIE ZEIT) irgendetwas zu der gesamten causa haben verlauten lassen.

    um mit einem abgeänderten Arno Schmidt-Zitat zu enden: "Mir ist jeder stinknormale Frontal-Pauker am ohne pädaphiles Gehabe am arsch lieber als charismatische lichtgestalten, gleich welcher couleur, im gesicht."

     

    MFG

     

    ulschmitz

  • HM
    Hermann Mahr

    Was heißt "lektorieren?"

  • SL
    Schüler & Lehrer

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    Ich fand das Lied von Alice Cooper, "School´s out", schon seit den Siebzigern atmeberaubend. Seit ich die vielen Artikel über die Missbrauchsfälle lese, erscheint es mir aktueller denn je:

     

    Well we got no choice all the girls and boys

    Makin' all that noise 'cause they found new toys

    Well we can't salute ya can't find a flag if that don't suit ya that's a drag

    School's out for summer school's out forever school's been blown to pieces

    No more pencils no more books no more teacher's dirty looks yeah

    Well we got no class and we got no principals and we got no innocence

    We can't even think of a word that rhymes

    School's out for summer school's out forever my school's been blown to pieces

    No more pencils no more books no more teacher's dirty looks

    Out for summer out till fall we might not come back at all

    School's out forever school's out for summer

    School's out with fever school's out completely

  • E
    Elmar

    Die Schule war ein Alptraum.

  • L
    Lichtgestalt

    Pädagogische Lichtgestalt-ich würde eher sagen kaltschnäuzig und berechnend.Ich würde meine Kinder nie auf solch eine Schule geben in dem niemand was merkt und der grösste Päderast dort-es gab ja anscheinend noch andere- als Lichtgestalt und grosser Pädagoge gefeiert wird.

  • N
    Name

    Lesen und hören Sie doch mal.

    http://vorarlberg.orf.at/magazin/klickpunkt/focus/stories/148001/

    Michael Krüeger Trauma Risiko oder Chance!

  • F
    fffame

    "Es sollten Kontrollmechanismen und Ansprechpartner für die Kinder eingeführt werden,"

    schoen nur warum so eine Experten sprache unverstaendliczh und verzerrt?

     

    " damit so etwas nie wieder geschieht. "

    Es wird eventuell, passieren. Ist es nicht traurig, so etwas zuglauben das es nie passieren wird. Es gibt andere die wollen so etwas legalisieren. Das zu tabuiesieren...hilft wenig.

     

    Irgendwann wollen sie doch wieder echte kinderechte und auch rechte in der sexualität. UNd warum soll alles reformische schlecht sein? Ist es nicht komisch wenn schueler entfremden von anderen Personen. Vereinsammen und ohne liebe aufwachsen.

     

    Missbrauch hat viele Formen. Und jeder der Aufmerksamkeit will nutzt das auch.

     

    Andersgesagt. Eine Art Trauma passiert und es gehöhrt dazu. Nur ein beduerfniss auf Schutz is auch ok. Und noch mehr manche hatten nie Schutz und es waere schoen so etwas an einem Ort wie der Odenwaldschule zu haben. Die auch viel Geld kostet im Monat.

     

    "Aber das alles darf nicht auf Kosten der intensiven Beziehungen zwischen Schülern und Mitarbeitern gehen - denn das ist das Besondere und Schöne an der Odenwaldschule."

     

    Ich denke viele sollten gehen an der OSO. Auch einige Lehrer. Die Lehrer haben bestimmt viel Probleme durch das gehen und kommen. die informellen Strukturen an der OSO sind, aus meiner Erfahrung, das nicht nur der Vorstand macht hat. Es gibt Informelle Strukturen. Manche Lehrer die schon laenger da sind oder ueber beziehungen, sind einfach an der OSO. Es gibt eine Art "vetternwirtschaft" Bestimmte Leute mit Beziehungen sind...

     

    ehrlich gesagt bestimmte menschen dort haben macht. Und ein Wechsel muss in der gesammten OSO geschehen.

    Warum soll alles richtig sein. Geheeb ideen sind eh einmal anders gewesen und viel mehr frei als was der haeutige Buerokraten und eigentlich auch aristokraten apperat oso noch ist. Es war auch eine andere Zeit. Doch getraut hat sich geheeb einiges.

    Und die Weicheier an der OSO trauen sich das nicht mehr. Eine Schule mitten im Wald und so wenig Verbundenheit damit. Es werden einige Resourcen nicht geschoepft. In der Tiefe liegt das Problem und nicht bei irgend einem Vorstand. Es muessen neue Unterstuetzer gefunden Werden und nur ein Tiefer Wechsel wird auch tiefe Wunden heilen.

     

    Vieleicht laesst sich Missbracuh verhindern. Doch die Wurzeln und ursachen. Sind tiefer. So verschiebt sich der Missbracuh nur. Da die wurzel nicht gefunden ist. Oder die Falsche pflege hat.

     

    Bitte lektorieren!