Ex-Guantánamo-Gefangene in Uruguay: Kein Gratisgefallen für Obama
Sechs Guantánamo-Häftlinge finden Zuflucht in Uruguay. Der Präsident war selbst lange Gefangener und verspricht, die Rechnung weiterzureichen.
BUENOS AIRES taz | Am frühen Sonntagmorgen traf in Uruguay eine sechsköpfige Gruppe von Gefangenen aus Guantánamo ein. Die Gefangenen, vier Syrer, ein Palästinenser und eine Tunesier, alle zwischen 30 und 50 Jahre alt, sind nur 6 der 141 ausländischen „Terrorismusverdächtigen“, die seit Jahren ohne Gerichtsverfahren von der US-Regierung in ihrem Lager auf ihrer Militärbasis in Kuba eingesperrt sind. Die sechs Gefangen waren als mutmaßliche Verdächtige mit Verbindungen zu Organisationen verhaftet worden, die die USA für die Terroranschläge von 11. September 2001 verantwortlich macht. Sie wurden jedoch nie angeklagt, geschweige denn wurde ein Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet.
Ihre Freilassung wurde bereits 2009 genehmigt. Da sie aber nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden konnten, blieben sie in Haft. „Wir sind Uruguay für diese wichtige humanitäre Aktion und dem Präsidenten Mujica für seine starke Führung dankbar“, sagte der US-Beauftrage Clifford Sloan. Zuvor wurden 61 Gefangene auf 18 Staaten verteilt.
Die sechs Häftlinge sind die Ersten, die nach Südamerika verbracht wurden. Rund ein Jahr hatten die USA und Uruguay über die Angelegenheit verhandelt. Von Beginn an gab es zwischen den beiden die Kontroverse um deren Aufenthaltsbedingungen. Während die US-Regierung verlangte, dass die Gefangenen Uruguay mindesten zwei Jahre nicht verlassen dürfen, bestand Uruguay darauf, dass sie freie Menschen seien, sobald sie uruguayischen Boden betreten.
Im März kündigte José Mujica die Aufnahmebereitschaft erstmals offiziell an. „Wenn die Gefangenen von Guantánamo ihr Nest in Uruguay bauen wollen,“ dann können sie das tun, sagte er. Und fügte schon damals hinzu: „Sie kommen als Flüchtlinge und Uruguay wird ihnen Platz machen und wenn sie wollen können sie ihre Familien und alle anderen mitbringen.“
Embargo gegen Kuba beenden
In einem offenen Brief an US-Präsident Barack Obama schrieb Mujica am vergangenen Freitag, Uruguay biete seine Gastfreundschaft jenen Menschen an, die so lange unter ihrer Verschleppung nach Guantánamo gelitten hätten. Für seine Glaubwürdigkeit kann der 79-Jährige viel auf die Waagschale legen. Mujica saß als politischer Gefangener 14 Jahre unter schwersten Bedingungen im Gefängnis. Er könne das bloße Gequatsche nicht mehr hören, die Aufnahme der Gefangenen sei praktizierte Menschenrechtsarbeit.
Er gab aber auch zu erkennen, dass er keine „Gratisgefallen tut“ und „die Rechnung“ schon noch durchreichen werde. Öffentlich verlangt Mujica von den USA die Aufhebung des Embargos gegen Kuba. Und Anfang Dezember forderte er Obama auf der Sitzung der südamerikanischen Staatengemeinschaft Unasur öffentlich dazu auf, die seit über 16 Jahren wegen Spionage in den USA einsitzenden drei Kubaner freizulassen.
Im Mai war Mujica mit seinem halben Kabinett nach Washington geflogen, um persönlich mit Obama zu sprechen. Bei dem Besuch ging es vor allem um Wirtschaftsfragen, aber eben auch um die mögliche Aufnahme der Guantánamo-Häftlinge. Zufall oder nicht: Uruguay genießt seit Kurzem eine Zollerleichterung für den Export seiner Zitrusfrüchte auf den US-Markt.
Innenpolitisch ist die Aufnahme durchaus umstritten. Im erst vor Kurzem zu Ende gegangenen Präsidentschaftswahlkampf hatte sich der letztlich unterlegene rechtsliberale Kandidat Luis Lacalle Pou komplett gegen die Aufnahme ausgesprochen. Die Entlassung der Gefangenen sei ein Problem der US-Regierung. Uruguay dürfe nicht zu deren Gefängniswärter werden. 58 Prozent der UruguayerInnen sind laut Umfragen gegen die Aufnahme der Gefangenen.
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