Ex-DFB-Chef Wolfgang Niersbach: Unschuld tritt ab
Der Funktionär bleibt sich treu. Und hundertprozentig gehen muss er auch nicht. Seine Netzwerke sind einfach zu wertvoll für den DFB.
Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Wolfgang Niersbach ist als Präsident des Deutschen Fußballbundes zurückgetreten. Er übernehme die „politische Verantwortung“ für die Vorgänge in der Affäre um eine ungeklärte Zahlung des WM-Organisationskomitees in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die Fifa. Es sei ein „schwerer Schritt“ für ihn gewesen, sagte der 64-Jährige nach einer außerordentlichen Sitzung des Verbandspräsidiums in Frankfurt am Main.
Nach wie vor ist er von seiner eigenen Unschuld überzeugt, sagte wieder einmal, dass er sich bis vor Kurzem nicht hat vorstellen können, dass sein „Sommermärchen“, die WM 2006, die er als Vizechef des Organisationskomitees mitgestaltet hat, einmal mit krummen Geschäften in Verbindung gebracht werden könne.
Seit 27 Jahren dient er dem DFB, hat sich zunächst als Pressesprecher das Vertrauen der Fußballoberen gesichert, hat als Generalsekretär sein Netzwerk weiter gepflegt und sich als Präsident, der er seit 2012 war, in den Erfolgen der Nationalmannschaft gesonnt. Wofür er nie stand, ist Transparenz.
Er führte den Verband, der Millionensummen mit der Nationalmannschaft umsetzt, der millionenschwere Sponsorenverträge abschließt, wie einen Geheimbund. Und so muss es auch nicht weiter verwundern, dass all das, was der DFB mithilfe der von ihm beauftragten Anwaltskanzlei Freshfields zu der merkwürdigen Zahlung an die Fifa ermittelt hat, nicht preisgeben wollte. Die Kanzlei habe sehr gute Arbeit geleistet, sagte Niersbach und tat nichts dafür, Klarheit in den Skandal um die 6,7 Millionen Euro zu bringen. Auch im Rücktritt ist er sich treu geblieben.
Den Verband führen nun die beiden bisherigen Vizepräsidenten, der Boss des Bayerischen Fußballverbands, Rainer Koch, zusammen mit Reinhard Rauball, dem Chef des Profiligaverbands DFL. Die dankten Niersbach ausdrücklich. Der bleibt dem Fußball weiterhin erhalten. Das Präsidium habe Niersbach gebeten, seine Posten in den Exekutiv-Komitees von Uefa und Fifa zu behalten, sagte Rauball. Niersbach solle seine Netzwerke weiter pflegen. Der habe zugesagt. Das Spiel ist also aus, und doch geht es weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht