Ex-Chefredakteur des „Spiegel“: Mascolo leitet Rechercheteam
Er verließ nach Dauerzwist den „Spiegel“: Ab Februar führt Georg Mascolo den Rechercheverbund von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR.
BERLIN taz | Im Konflikt um die „Tagesschau“-App beharken sich der federführende NDR und die deutschen Zeitungsverleger seit Jahren. Die unmittelbare medienübergreifende Zusammenarbeit im journalistischen Tagesgeschäft läuft ungleich produktiver. Damit es künftig noch ein bisschen besser fluppt, ist der frühere Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo am Freitag zum Leiter des Rechercheverbundes von Süddeutscher Zeitung (SZ), NDR und neuerdings WDR berufen worden.
Der neue Job, in dem Mascolo laut NDR insbesondere eng mit SZ-Großrechercheur Hans Leyendecker zusammenarbeiten soll, startet im Februar. Aufsehen erregte das seit 2011 bestehende „crossmediale Vorzeigeprojekt für Qualitätsjournalismus“ (WDR-Intendant Tom Buhrow) vor allem mit seinen Enthüllungen in den Affären um NSU und NSA.
Damit ist endlich eine neue Verwendung für den nach einem zermürbenden Dauerzwist mit seinem Online-Konterpart Mathias Müller von Blumencron im April 2013 beim Hamburger Nachrichtenmagazin geschassten 49-Jährigen gefunden: Erst am Donnerstag hatte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner im FAZ-Interview die Pläne für ein mit Mascolo betriebenes digitales Politmagazinprojekt begraben.
Völlig überraschend kommt die Personalie nicht: Als eine Abordnung des Investigativteams gemeinsam mit Grünen-Politiker Hans Christian Ströbele Ende Oktober 2013 in Moskau den NSA-Whistleblower Edward Snowden traf, saß Mascolo mit am Tisch. Offenbar hatte der als ausgezeichneter Rechercheur, aber schwieriger Chef geltende Mascolo also schon länger zwei Eisen im Feuer.
Aufgaben zunächst recht unklar
Der hemmungslose Jubel der beteiligten Intendanten und des SZ-Chefredakteurs Kurt Kister konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mascolos Aufgaben und Kompetenzen in seiner neuen Funktion am Freitag zunächst sehr unklar blieben. Nur so viel wurde bekannt: „Georg Mascolo wird im Fernsehen und im Hörfunk auch live präsent sein“, verbreitete der NDR in seiner Pressemeldung. Das klingt verdächtig nach einer Art Grußaugust – nach üppigem Gehalt, aber ausbaufähiger Jobbeschreibung. Mascolo kann es recht sein. Hauptsache, wieder ein Job. Er freue sich auf die „Zusammenarbeit mit so vielen begabten Kollegen“, lobte Mascolo artig zurück.
Als erste Amtshandlung kann sich der neue Recherchepapa am 3. Februar gleich einen Preis für die Leistung des trimedialen Investigativteams abholen: Das Branchenblatt Medium Magazin ehrt die Enthüller an diesem Abend in Berlin als „Redaktion des Jahres“ 2013.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
EU-Antwort auf Putin und Trump
Zu wenig und zu spät
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Sondierungen zwischen Union und SPD
Grenze für Grenzschließungen