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Ex-BundestagspräsidentWolfgang Schäuble ist tot

Mit Schäuble ist einer der einflussreichsten Politiker gestorben. Politisch hat er viel erreicht, eines der wichtigsten Ämter blieb ihm verwehrt.

Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble starb am 26.12.23 Foto: Sammy Minkoff/imago

Offenburg dpa | Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Der CDU-Politiker sei im Kreise seiner Familie zu Hause am Dienstagabend gegen 20 Uhr friedlich eingeschlafen, teilte die Familie am Mittwoch der dpa mit. Schäuble war in seiner langen politischen Laufbahn Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. Er studierte Jura, es zog ihn aber früh in die Politik. Er trat 1965 in die CDU ein. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Bundestag, dem er ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod angehörte.

Mit dem Namen Schäuble sind Jahrzehnte deutscher Politik verbunden. Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister. Schäuble handelte nach dem Mauerfall in der DDR den Einigungsvertrag mit aus. Seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 saß Schäuble im Rollstuhl, seine politische Karriere ging aber weiter.

Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin. In den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach Aussagen zu einer 100 000-Mark-Barspende trat Schäuble im Februar 2000 als CDU-Chef zurück. Merkel wurde Parteichefin, 2005 machte sie als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister. Das Amt hatte Schäuble zwei Wahlperioden inne, er schafft die „schwarze Null“, also einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden.

Konservativer Politiker mit gewichtigen Worten

Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.

Nach der von der Union verlorenen Bundestagswahl 2021 zog sich Schäuble aus den Führungsgremien zurück. Im Bundestag wurde die SPD-Politikerin Bärbel Bas Präsidentin, Schäuble war nun einfacher Abgeordneter. In seiner Rede als Alterspräsident – jener Abgeordnete mit den meisten Dienstjahren – warb er für offenen Diskurs und selbstbewusste Abgeordnete.

In seiner Partei zählte Schäuble eher zu den konservativen Politikern, hinter den Kulissen hatte sein Wort stets Gewicht. Auf der anderen Seite hatte er früher als andere die CDU zur Offenheit für Bündnisse mit den Grünen aufgerufen. Schon 2007 sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Schwarz-Grün ist nicht unser Wunsch, aber eine Option für die Union.“ Im Ringen um die Kanzlerkandidatur 2021 schlug sich Schäuble auf die Seite des damaligen CDU-Chefs Armin Laschet und stellte sich gegen CSU-Chef Markus Söder.

Auch im Privaten spielte bei Schäuble oft die Politik eine Rolle. Schon Vater Karl Schäuble war CDU-Politiker und gehörte dem Badischen Landtag an. Schäubles jüngerer Bruder Thomas war ebenfalls Politiker, 13 Jahre lang war er Landesminister in Baden-Württemberg. 2013 starb er an den Folgen eines Herzinfarkts. Der CDU-Spitzenpolitiker Thomas Strobl war Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble, Tochter Christine, die ARD-Programmdirektorin, Strobls Ehefrau. Schäuble hinterlässt insgesamt vier Kinder und Ehefrau Ingeborg, mit der er seit 1969 verheiratet war.

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10 Kommentare

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  • Man sollte über Tote nichts Schlechtes sagen. Also .... Schwamm drüber.



    RiP Wolfgang

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Im Ringen um die Kanzlerkandidatur 2021 schlug sich Schäuble auf die Seite des damaligen CDU-Chefs Armin Laschet und stellte sich gegen CSU-Chef Markus Söder."



    Gut gemacht.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Scho. But - hu 🦉 hu 🦉 -



      Beider 🦹‍♂️ - haut goût - 🦹‍♂️ =>



      ✉️ 💴 ✉️ & 🔥schutzVO •

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Angeblich hat er Friedrich Merz zum Comeblack veranlasst.

        • @95820 (Profil gelöscht):

          Mit 9 1/2 Jährchen Westfälisch Sibirien - Merz sing Vster war mir einst LG-Kollege auf der Schützenwiese:



          Ein untauglicher Versuch! Wollnich



          Da muß/kann niemand erst “zum Jagen - zum Comeblacken“ getragen werden!

          unterm—— frage mich ja nur —-



          Friedrich Merz' Vater verlässt die CDU im Groll



          Veröffentlicht am 12.02.2007 | Lesedauer: 3 Minuten



          Der Junior hat seinen Ausstieg aus der Politik angekündigt, der Senior verlässt seine politische Heimat gleich ganz. Und der Rest der Partei ist in heller Aufregung über den künftigen Kurs der Christenunion - und die Gründung einer Konkurrenzpartei.



          www.welt.de/politi...-CDU-im-Groll.html



          &



          Nach 51 Jahren



          Vater von Friedrich Merz tritt aus CDU aus



          Hamburg (RPO). Der Vater von Friedrich Merz ist nach 51-jähriger Mitgliedschaft aus der CDU ausgetreten. Er habe feststellen müssen, dass dies nicht mehr seine Partei sei, erklärte der 83-Jährige. Er sei schon lange unzufrieden mit "dem Kurs und Personal der Partei".



          rp-online.de/polit...u-aus_aid-11394633

          Frage mich - Hat Vater Merz - zu sojet -



          Comeblacked?



          Ja. Das sind so Fragen! Newahr.



          Nù. Normal Schonn.

  • Wo wohl die Kommentare böser sind, über Wolfgang Schäuble? Hier, oder in der Welt?

    Wer nur in den Kommentaren unter den Artikeln mit seinem Tod schaut, wird feststellen: niemand mochte ihn. Nicht rechts, nicht links. Wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen. Man könnte annehmen, er muss doch etwas richtig gemacht haben. ;)



    R.I.P.

  • Was für ein Klüngel. Davon gibt es noch viel mehr in der Politik.

  • Mit Schäuble ist auch einer der letzten Vertreter der Merkel-Ära gestorben, deren Ende in Bezug auf ihre Flüchtlingspolitik aktuell in der FAZ geradezu bejubelt wird is.gd/OIeJOZ

    》Angesichts der schwierigen Lage an der EU-Außengrenze fordert der frühere Bundestagspräsident eine schnelle, humanitäre Lösung. Die Kanzlerin telefoniert unterdessen wieder mit Alexandr Lukaschenko.

    Der frühere BundestagspräsidentWolfgang Schäuble(CDU) hat sich dafür ausgesprochen, den an der polnisch-belarussischen Grenze festsitzenden Migranten eine „vorläufige Einreise“ in die EU zu ermöglichen. „Für die verzweifelten und von Schleppern missbrauchten Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen an der Grenze ausharren, brauchen wir eine schnelle, humanitäre Lösung“, sagte Schäuble dem Redaktionsnetzwerk Deutschland《 (Faz, 17.11.21) is.gd/okL00c

    Während Omid Nouripour, da noch außenpolitischer Sprecher der Grünen, im Interview mit dem DLF am Vortag den Bruch mit der alten Flüchtlingspolitik ("Wir schaffen das!") eingeläutet hat: 》Merkel-Telefonat empört Grüne

    Die Bundeskanzlerin redet mit Alexander Lukaschenko. Grüne werfen ihr vor, den belarussischen Machthaber damit legitimiert zu haben. [...] Mit dem Telefonat habe Merkel einen Beitrag dazu geleistet, dass die Wahl Lukaschenkos anerkannt und legitimiert werde, so der Vorwurf Nouripours. „Die paar Leute, die jetzt in der Kälte stehen, die sind nicht das Problem. Das Problem ist der Erpressungsversuch.“《 taz.de/Krise-an-be...r-Grenze/!5815401/

    Die weitere Entwicklung ist bekannt: 》Die Entscheidung der Ampel zur EU-Asylreform trifft einige Grüne, die selbst Fluchterfahrung haben. Sie sind aus der Partei ausgetreten. Die Zustimmung ihrer Partei stelle „einen Hochverrat grüner Politik an geflüchteten Menschen dar“《 (RND is.gd/tehm5k )

  • Wer wüsste es nicht: Nur Bares ist Wahres.

  • Danke, Herr Schäuble, dass Sie Markus Söder als Kanzler verhindert haben.