Europride in Belgrad: Queere Lektion
Trotz Verbot findet in Belgrad die Europride statt. Serbien muss das aushalten, wenn es zur liberalen europäischen Staatengemeinschaft gehören will.
S elbstverständlich konnte niemand der Gäste aus dem europäischen Ausland wie der Einheimischen aus Serbien ernsthaft davon ausgehen, eine CSD-Parade im Kernland der Putin- und Russlandanhänger*innen könnte ein fröhliches Zeichen selbstbewusster queerer Ideen markieren. Wesentliche Teile der serbischen Polit-Elite, vom Präsidenten bis hin zu den Ministerien und dem Parlament, wollten diesen Umzug nicht.
Er passe nicht in die Zeit. Hooligans und aufgehetzte klerikalische Kräfte duldeten sie einfach nicht. Was folgte, war ein Verbot, das polizeilich dann nicht ganz so drakonisch durchgesetzt wurde. Die Organisator*innen und die ausländischen Gäste setzten sich über das Verbot hinweg und hielten sie trotzdem ab. Gut so!
Es hat zwar nicht gerade für gute Laune gesorgt, denn in Belgrad gehört es bis in liberalere Kreise hinein eben nicht zum guten Ton, eine CSD-Parade auf die Agenda der multikulturellen Festivitäten zu schreiben, so wie es hierzulande üblich ist. Was am Samstag stattfand, hatte mehr mit Antiwerbung des Landes in puncto EU zu tun als mit einem pinkwashenden Marketing für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Eine queere Parade in Belgrad, die muss Serbien eben aushalten, will sie Teil der liberal-rechtsstaatlichen und somit auch queeren Staatengemeinschaft sein. Manche meinen, der Europride habe imperialen Charakter gehabt: Weil Serbien nichts zu tun habe mit den regenbogenhaften Charakterzügen des freizügigen Europa. Mag sein, dass das auf den klerikal-nationalistischen Mainstream zutrifft.
Dann muss er eben per queerer Graswurzelbewegung in Form einer Parade darüber belehrt werden, dass die Wünsche der queeren Serb*innen wichtiger sind als jeder Respekt vor den religiös-nationalistischen Sphären der Mehrheit. Das Land, das noch rudelweise Kriegsverbrecher*innen aus den postjugoslawischen Kriegen der Neunziger Wertschätzung entgegenbringt, muss sich entscheiden: europäisch zu werden – oder nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau