Europas grünste Stadt ist in Schweden: Stadtviertel im Klima-Kontest
Während deutsche Städte rätseln, wie sie klimafreundlicher werden, hat die schwedische Stadt Växjö ihren CO2-Ausstoß schon um 30 Prozent gesenkt. Forstabfälle sorgen für Wärme und Strom.
"Welcome to the greenest city in Europe!" Der Satz kommt Bürgermeister Bo Frank mittlerweile locker über die Lippen. Seit Monaten empfängt er internationaler Delegationen, australische Journalisten, japanische Politiker, eine chinesische Wirtschafts- oder eine US-Universitätsdelegation. Die südschwedische Stadt, die gerade die 80.000-EinwohnerInnen-Grenze überschritten hat, genießt, spätestens seit sie von der Städteorganisation "Baltic Cities" zur "grünsten Stadt Europas" ernannt worden ist, internationale Aufmerksamkeit.
Während man sich in manchen EU-Ländern noch den Kopf darüber zerbricht, wie die Klimagase um gerade einmal 20 Prozent bis 2020 gemindert werden können, hat Växjö sie schon bis 2007 im Vergleich zu 1993 um 32 Prozent reduziert. Bis 2010 soll der CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung um 50 und bis 2025 um 75 Prozent verringert sein. Derzeit produziert jede Einwohnerin und jeder Einwohner dort 3,13 Tonnen Kilo des Klimagases pro Jahr. Zum Vergleich: Ein Deutscher verursacht rund 10, ein US-Amerikaner mehr als 20 Tonnen. Dabei ist Växjö eine expandierende Stadt: Das Bruttonationalprodukt ist pro Kopf der Bevölkerung in 15 Jahren um 50 Prozent gewachsen.
Zauber ist das alles nicht. Schon 1996 haben die Stadtoberen verkündet, sie wollten Växjö zu einer "fossilienergiefreien" Kommune machen. Ein Herzstück ist das unscheinbare Kraftwerk am Stadtrand. Berge von Holzschnitzeln, die dort lagern, weisen auf das Brennmaterial hin: Biomasse, vorwiegend Forstabfälle. Und das Konzept heißt Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). "Sandvik II" versorgt 90 Prozent der Stadt mit Fernwärme und produziert gleichzeitig 60 Prozent des Strombedarfs. Es ist das Nachfolgekraftwerk eines kleineren Modells, mit dem man schon Anfang der Achtzigerjahre Konsequenzen aus der "Ölkrise" gezogen und sich für Biomasse und KWK entschieden hatte. In zwei Jahren steht eine Erweiterung mit "Sandvik III" an.
Ein großzügiges Netz von Fahrradwegen, Solarpaneele auf den Dächern städtischer Gebäude, ein kommunaler Fuhrpark, der weitmöglichst auf Hybrid- oder Ethanolbetrieb umgerüstet ist - das sind weitere Puzzleteile auf dem Weg zur "fossilfreien" Stadt. Mit Europas höchsten mehrgeschossigen Holzhausneubauten und einem neuen Stadtteil, der ganz im Holzbau verwirklicht wird, setzt Växjö Maßstäbe in klimafreundlicher Bauweise. Derzeit läuft eine umfassende Stromsparkampagne mit einem Wettbewerb, welches Stadtviertel am wenigsten Elektrizität verbraucht. Auf der Webseite "Energikollen" können BewohnerInnen laufend ihren Stromverbrauch verfolgen und auf einer Karte vergleichen, wie viel die Nachbarschaft und andere Stadtteile verbrauchen.
"Die Leute wissen ja zur Genüge, wie man Strom spart. Aber den Willen dazu kann man ja noch ein wenig anspornen", meint Umweltkoordinatorin So Hie Kim-Hellström: "Wir glauben, dass Menschen am meisten motiviert werden, wenn sie sehen können, wie viel Strom sie verbrauchen." Sie meint das "Geheimnis" des Erfolgs ihrer Stadt sei die breite politische Einigkeit und enge Zusammenarbeit zwischen Kommune, Wirtschaft und Universität. "Vor allem aber", so die Umweltkoordinatorin "hatten wir den Mut, ehrgeizige Ziele zu setzen."
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