Europäische Richtlinien für Exporte: Neue deutsche Rüstungsdebatte
Frankreich fordert mehr Freiheit bei Rüstungsgeschäften. In einem Geheimpapier stimmt Deutschland zu. Dabei sieht der Koalitionsvertrag anderes vor.
Deutschland hat eine neue Rüstungsdebatte. Es geht um Rüstungsgüter, die deutsche Unternehmen mit Partnern aus anderen EU-Ländern bauen. Auch wenn nur wenige Bauteile einer Waffe aus deutscher Produktion stammen, gelten am Ende die deutschen Exportrichtlinien. Und die sind zwar noch immer nicht besonders streng, aber zumindest strikter als die in vielen anderen EU-Staaten. Dort sorgt das für Ärger.
Ein Beispiel sind die Kampfjets Tornado und Eurofighter, die in Großbritannien gefertigt und zum Teil nach Saudi-Arabien verkauft werden sollen. Die Bundesregierung genehmigt wegen der Menschenrechtslage derzeit keine Rüstungsexporte an den Golfstaat. Entsprechend erhalten britische Fabriken für die Jets keine Bauteile mehr aus Deutschland – zum Ärger der britischen Regierung.
Die Debatte wird in Zukunft noch relevanter: Deutschland hat sich mit anderen EU-Staaten darauf geeinigt, bei Rüstungsprojekten stärker zusammenzuarbeiten. Im Idealfall soll es in Zukunft nicht mehr zehn Panzer aus zehn verschiedenen Ländern geben, sondern nur noch einen gemeinsamen für alle. Rüstungsprojekte sollen durch Konsolidierung effizienter werden.
Ärger mit Frankreich
Konkret angedacht ist, dass deutsche und französische Firmen gemeinsame Kampfpanzer und Kampfflugzeuge bauen werden. Derzeit würden auch hier die relativ strengen deutschen Richtlinien den Export der Waffen an bestimmte Länder verhindern. Der französischen Regierung, die bei Rüstungsexporten nachgiebiger ist, passt das nicht.
Bei den Verhandlungen über den neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, der im Januar in Aachen unterzeichnet wurde, forderte die französische Seite mehr Freiheit bei Rüstungsgeschäften. Im offiziellen Abkommen landete zu dem Thema nur ein schwammiger Satz. Konkrete Vereinbarungen stehen dagegen in einem Zusatzpapier, über das vergangene Woche zuerst der Spiegel berichtete. Die Existenz des Papiers (unter diesem Link im Volltext abrufbar) war zuvor nicht bekannt. Dem Bundestag liegt es bis heute nicht vor.
Dabei hat es die zweiseitige Vereinbarung, die laut Bundesregierung bisher nur eine Gesprächsgrundlage sein soll, in sich. Bei gemeinsamen Rüstungsprojekten, so heißt es dort, sei Einspruch gegenüber Exportvorhaben des einen Staates nur zulässig, wenn „direkte Interessen oder die nationale Sicherheit“ des anderen Staates gefährdet seien. In solchen Fällen sollen Gespräche auf Regierungsebene starten. Wer Einspruch erhebt, muss „Alternativlösungen“ vorlegen.
Widerspruch zum Koalitionsvertrag
Das wäre eine Aufweichung, die dem Koalitionsvertrag widerspricht. Dort ist vereinbart, die „Rüstungsexporte für Drittländer weiter einzuschränken“. Trotzdem wirbt die CDU jetzt dafür, die Exportrichtlinien entsprechend dem Geheimpapier aufzuweichen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz plädierte Kanzlerin Merkel für eine gemeinsame europäische Rüstungsexportpolitik. „Da haben wir in Deutschland noch viele komplizierte Diskussionen vor uns“, sagte sie. Aber auch die SPD ist gesprächsbereit. Nicht nur, dass Außenminister Maas von „Optimierungsmöglichkeiten“ spricht. Auch Florian Post, in der Bundestagsfraktion für das Thema zuständig, redet von Kompromissen.
Am Donnerstag diskutierte das Parlament auf Antrag der Grünen über das Geheimpapier. „Es wäre völlig naiv, zu glauben, dass wir unsere deutschen Grundsätze bis ins letzte Komma durchsetzen können“, sagte Post. Zu stark will er die Richtlinien aber nicht aufweichen: „Sensible Rüstungsgüter“ wie Kampfpanzer und Jets dürften auch in Zukunft nicht an Länder wie Saudi-Arabien exportiert werden.
Den Grünen wäre auch das nicht restriktiv genug. Deutsche und französische Unternehmen sollen Rüstungsgüter „gerne für den europäischen Markt bauen“, sagte die Abgeordnete Katja Keul im Bundestag. Das sei „wirtschaftlich nicht so uninteressant“, dass man die Waffen dann auch noch an Dritte verkaufen müsse.
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