Europäische Lebensmittelbehörde: Aufseherin gibt Industrie-Job auf
Die Präsidentin der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit tritt von ihrem Posten in einem Forschungsinstitut zurück - das auch vom Gentech-Konzern Monsanto finanziert wird.

BERLIN taz | Die Verwaltungsratschefin der wichtigsten EU-Fachbehörde für Gentech-Pflanzen, der European Food Safety Authority (Efsa), hat ihre Nebentätigkeit bei dem von der Industrie finanzierten International Life Sciences Institute (Ilsi) aufgegeben. "Professor Diána Bánáti ist von den Positionen zurückgetreten, die einen potenziellen Interessenkonflikt mit Efsa-Tätigkeiten schaffen könnten", teilte die Behörde auf ihrer Internetseite mit. Ilsi Europe bestätigte, dass Bánáti ihren Sitz im Verwaltungsrat des Instituts abgegeben habe.
Zu den Mitgliedern des Instituts gehören ausschließlich Firmen, unter anderem die Gentech-Pflanzen-Hersteller Monsanto und Bayer. Auch diese Firmen müssen ihre gentechnisch veränderten Pflanzen von der Efsa auf Risiken untersuchen lassen. Auf die Gutachten stützt sich die EU-Kommission bei der Entscheidung, ob eine Pflanze verwendet werden darf oder nicht. Bisher haben die Efsa-Experten fast immer eine Zulassung befürwortet, weil sie die Gen-Konstrukte für ungefährlich halten.
Der Grünen-Europaparlamentarier Martin Häusling fordert weiterhin, dass Bánáti auch ihren Efsa-Posten aufgibt. "Sie hat ihre Mitgliedschaft im Ilsi-Verwaltungsrat der Öffentlichkeit verschwiegen", sagte der Abgeordnete. Erst als die Grünen im September die Sache aufgedeckt hätten, habe sie die Ilsi-Tätigkeit bekanntgegeben. Es sei inakzeptabel, dass die Ungarin dennoch wieder zur Vorsitzenden des Efsa-Verwaltungsrats gewählt wurde. "Abgesehen davon, gibt es bei der Efsa noch mehr Verquickungen mit der Industrie", erklärte Häusling: "Die Behörde muss grundlegend reformiert werden."
Die Efsa räumte ein, dass Bánáti bereits im April ihre Tätigkeit beim Ilsi begann, diese aber erst im September mitgeteilt habe. Die Wissenschaftler der Behörde seien aber unabhängig vom Efsa-Verwaltungsrat, weshalb die Qualität der Beurteilung von Gentech-Pflanzen nicht in Frage stehe. Als Verwaltungsrats-Chefin beeinflusst Bánáti jedoch zum Beispiel das Budget und die Prioritäten der Behörde maßgeblich.
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