Europäische Kommission gegen X: Das Verfahren hat begonnen
Die EU-Kommission wirft der Plattform X vor, illegale Inhalte zu verbreiten. Jetzt hat sie ein formales Verfahren eröffnet.
Am Montag teilte die Kommission mit, dass sie diese Untersuchungen eingeleitet habe, um zu prüfen, ob X in den Bereichen Risikomanagement, Moderation von Inhalten und Werbetransparenz gegen den Digital Services Act (DSA) verstößt. Auch will die Kommission überprüfen, ob X genügend für seine Transparenz unternimmt, insbesondere Forscher*innen Datenzugang ermöglicht. Und auch sogenannte Dark Patterns hat die EU auf ihren Zettel geschrieben. Das sind – oft grafische – Tricks, mit denen User*innen zu bestimmtem unüberlegten Verhalten gebracht werden sollen, wie etwa der Klick auf das bunte, hervorstechende „Alle akzeptieren“ beim Cookie-Banner.
Zur Entscheidung über die Untersuchung kam die EU-Kommission laut eigenen Angaben nach Voruntersuchungen anhand eines X-Berichts über Risikomanagement, eines Transparenzberichts von X und anhand der Antworten von X auf Informationsanfragen der EU.
Die EU will unter anderem überprüfen, ob die Melde- und Aktionsmechanismen für illegale Inhalte in der EU auf X funktionieren. Dies schreibt der DSA vor. Auch soll betrachtet werden, wie effektiv die Maßnahmen von X gegen Desinformation tatsächlich sind, etwa die sogenannte Community Note, die seit einigen Monaten unter fragwürdigen Inhalten eine Einordnung durch andere User*innen anbietet, also zum Beispiel unter einem KI-generierten Bild, das angeblich Kriegsgeschehen darstellt, klarstellen, dass es kein reales Geschehen abbildet.
Verpflichtung für „sehr große Plattformen“
Die Kommission schreibt, dass das Verfahren gegen X das erste förmliche Verfahren unter dem DSA sei. Sie betont aber auch, dass die Untersuchung noch keinem Ergebnis vorgreifen will. Die Kommission sammle nun Beweise, führe Befragungen und Nachprüfungen durch und würde weitere Informationsersuche versenden. Durch die Eröffnung des formalen Verfahrens sei die Kommission in der Lage, Interimsmaßnahmen zu beschließen, aber auch zu akzeptieren, falls X sich selbst dazu verpflichtet, Mängel zu beseitigen. Eine Frist, bis wann das Verfahren abgeschlossen sein muss, gibt es nicht.
Der Streit zwischen X und der EU zieht sich schon eine ganze Weile hin. Weil X selbst im Februar angegeben hatte, dass es innerhalb der EU monatlich 112 Millionen aktive User*innen hat, ist es unter dem DSA als „sehr große Plattform“ eingestuft worden. Der DSA trat im August für die sehr großen Plattformen in Kraft und verpflichtet sie dazu, gegen Desinformation vorzugehen. Im Oktober hatte die EU bereits im Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas auf Israel und dem daraus resultierenden Krieg mit X Kontakt aufgenommen, ebenso wie mit anderen Plattformen, wie etwa Tiktok.
X selbst hat seit der Übernahme durch Elon Musk im Herbst 2022 immer größere Probleme mit Hassrede und Desinformation, auch weil Musk kurz nach dem Kauf große Teile der Belegschaft entlassen hat – insbesondere auch im Moderationsteam, das sich sonst um gemeldete Inhalte gekümmert hatte. Zudem signalisiert er rechten User*innen immer wieder, dass sie mit ihren Aussagen auf der Plattform willkommen seien und postet selbst etwa antisemitische Inhalte.
Laut einer Studie des Verbraucherzentrale Bundesverbandes hielten sich auch 100 Tage nach Inkrafttreten des DSA viele der sehr großen Plattformen nicht an das Gesetz, unter anderem Amazon und Youtube. Im Fokus der Studie: die Dark Patterns, aber auch die Transparenz darüber, wieso User*innen welche Werbung angezeigt wird.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!