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Europäische EntwicklungspolitikEin Start-up namens Afrika

Diplomaten und Politiker preisen Investoren ihre Länder wie Firmen an und locken mit Steuerdumping. Das passt ganz in den Zeitgeist der EU.

Entwicklungshilfe hat Veränderung dringend nötig: Der globale Norden macht sich etwas zu breit Foto: dpa

Brüssel taz | Eine sonore Stimme schallt durch den Raum, unterlegt von verheißungsvoller Musik, die entfernt an die Eingangsmusik der Fantasy-Serie Game of Thrones erinnert. „Côte d’Ivoire – land of investment“ schmeichelt die Stimme, während zugleich Bilder der ivorischen Großstadt Abidjan über eine Leinwand flackern.

Kablan Duncan, Vizepräsident der Elfenbeinküste, wartet auf seinen Einsatz. Mit diesem Promo-Video will er sein Land vor den Investoren bewerben, die dicht gedrängelt auf dem Podium sitzen. Was folgt, erinnert an die TV-Show „Höhle der Löwen“, in der junge Unternehmer auf der Suche nach Kapital ihre Geschäftsideen Investoren wie Frank Thelen anbieten: In 20-minütigen Pitches sollen drei afrikanische Delegationen aus Guinea, der Elfenbeinküste und Uganda hier in Brüssel auf den Europäischen Entwicklungstagen ihre Staaten als idealen Ort für einen finanzstarken Investor bewerben.

Private Investitionen sind eines der großen Themen auf diesem „Davos der Entwicklung“, wie der zweitägige Gipfel angepriesen wird, der gestern zu Ende ging. Hier diskutieren Staatenlenker wie die Präsidenten Ruandas, Boliviens und des Senegal mit Politikern und Beamten der EU, Nichtregierungsorganisationen und Geschäftsmännern darüber, was in der Welt der Entwicklung passieren muss. Dabei scheint eines auf den offiziellen Podien Konsens: Private Unternehmen müssen mehr in Entwicklungsländern investieren – und die Staaten dafür ein ansprechendes Umfeld schaffen.

„Heute können Sie Unternehmen in 24 Stunden gründen“, preist deswegen Guineas Minister für Telekommunikation und Digitales, Moustapha Mamy Diaby, an. „Sie wollen ein Risiko eingehen? Kommen Sie nach Guinea!“, lockt sein Kollege Moustapha Naïté aus dem Jugendministerium kurze Zeit später die Business-Draufgänger. Und alle winken mit der motivierten Jugend und den Zauberworten „tax exemptions“ – was so viel wie Steuernachlässe bedeutet.

Doch gerade Steueranreize sind heiß umstritten. „Sie kosten Regierungen verdammt viel“, sagte Sanjeev Gupta, Direktor der Abteilung Fiskalpolitik des IWF, auf einem anderen Forum. Dabei fehlt vielen ärmeren Ländern das Geld bitterlich. In Entwicklungsländern macht das Steueraufkommen laut IWF-Chefin Christine Lagarde oft nur 10 bis 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus.

Ein seltsames Rennen

Guineas Minister Diaby ging sogar einen Schritt weiter: Mit verheißungsvoller Stimme erklärte er, sein Land schreibe niemandem vor, ob die Gewinne letztlich in Guinea blieben – oder ob diese dann wieder zurück in das Ursprungsland des Unternehmens transferiert würden. Eine Aussage, die sogar das Podium kritisierte: „Bitte sagen Sie Ihren Investoren nicht, dass Sie Ihr Geld aus dem Land herausnehmen könnten“, sagte Parminder Vir, CEO der Tony Elumelu Foundation, die Unternehmer unterstützt. „Ich würde Sie darin bestärken, in Guinea zu reinvestieren.“

Das Rennen um die Investoren wirkt umso seltsamer, als in Brüssel gerade feierlich ein neuer Entwicklungskonsens unterschrieben wurde – den NGOs unter anderem dafür kritisieren, den Fokus zu sehr auf Privatinvestitionen zu legen.

Heute können Sie Unternehmen in 24 Stunden gründen

M. M. Diaby, Minister aus Guinea

Der Konsens legt die Prinzipien für die Entwicklungszusammenarbeit der EU fest und soll die Umsetzung der Agenda 2030 der UN vorantreiben. „Im Mittelpunkt des Konsenses steht immer noch der Kampf gegen Armut“, sagte der EU-Abgeordnete Norbert Neuser (SPD), der als Berichterstatter an der Strategie gearbeitet hat.

„Entwicklungs-NGOs sind besorgt über die generelle Richtung der Europäischen Entwicklungszusammenarbeit, die zunehmend zum Vorteil von Migrationskontrolle, Sicherheit und den Privatsektor instrumentalisiert wird“, kritisierte Concord, europäischer Dachverband der Entwicklungsorganisationen.

Ähnlich sieht das Maria Heubuch, die für die Grünen im EU-Parlament sitzt. Liberale, Grüne und die Linke hatten sich gegen den Konsens ausgesprochen. „Wir rücken ab von unserem Fokus der Armutsbekämpfung und rücken Eigeninteresse in den Vordergrund“, bemängelte sie.

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3 Kommentare

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  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Entwicklungs-NGOs sind besorgt? Das ist verständlich.

     

    Gäbe es eine große Investitionswelle der Weltwirtschaft in Afrika, dann bräuchte man die Entwicklungs-NGOs wohl bald nicht mehr...

  • " In Entwicklungsländern macht das Steueraufkommen laut IWF-Chefin Christine Lagarde oft nur 10 bis 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus."

     

    und warum ist das negativ? Geringe Staatsausgaben sind doch eher positiv....

  • Hurra, noch mehr Steueroasen, in denen die europäische Wirtschaft ihr nicht versteuertes Geld in der EU verschwinden lassen kann.

    Soll das jetzt Entwicklungshilfe für afrikanische Länder werden, oder für die steuergeplagten EU Unternehmen?

     

    Jetzt wundert mich nicht, dass ausgerechnet Schäuble und Konsorten so für afrikanisches Investment werben.

    Panama, aufgeflogen, Luxemburg aufgeflogen, Malta fliegt gerade auf und die Schweiz spielt auch nicht mehr mit. Die Engländer, das dauert noch bis sie aus der EU raus sind, aber die werben ja jetzt schon mit Steuerdumping für die Zeit nach der EU.

     

    Da kommt Afrika ja gerade recht, um sich steuerfreundlich zu zeigen. Wahrscheinlich werden da dann extra große Fassaden hochgezogen, um alle Briefkästen unterbringen zu können!

    Sicher werden hinter den Fassaden Büros für die Steuerfachanwälte gebaut und gegenüber ein Bankenviertel, leider aber keine echten Firmen, in denen Menschen arbeiten werden, um gerechte Löhne zu verdienen, um aus der Armut zu kommen.

     

    Nicht zu vergessen sein, werden die von den Despoten in Auftrag gegebenen Waffenlieferungen aus Deutschland Österreich und Frankreich, bei denen sie ihre Gewinne unterbringen werden. Waffen werden sie brauchen, um das Volk davon zu überzeugen, das dies alles ja seine Richtigkeit hat, denn die Geschichte wurde ja von Deutschland und der EU gefördert!!!