Europäische Bankenaufsicht: Sehr streng, sogar pingelig
Die Bestätigung der Französin Danièle Nouy als Chefin der europäischen Bankenaufsicht gilt als sicher. Auf Nachsicht können die Banken nicht hoffen.
BERLIN taz | Diskretion muss eine der Eigenschaften sein, die bei der neuen europäischen Bankenaufsicht gefragt sind. Seit Monaten schon galt die Französin Danièle Nouy (63) als Favoritin für den Posten der Eurozone, jetzt wird sie von der EZB dafür offiziell vorgeschlagen.
Ihre Bestätigung dürfte nur Formsache sein. Damit steht eine Französin plötzlich im Rampenlicht, die auch in Frankreich bisher kaum bekannt war. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn sie hatte bis gestern noch nicht einmal eine eigene Wikipedia-Seite. Doch an Politikern und Karrierebeamten, die sich gern hervortun, mangelt es nicht. Danièle Nouy bringt eine solide internationale Erfahrung in der Finanzaufsicht mit.
Die Banque de France, in deren Dienste sie gleich nach dem Studium mit 24 Jahren trat, gehört sogar ein wenig zur Familie, schon ihr Vater war in der französischen Nationalbank tätig. Rasch übernahm sie verantwortungsvolle Aufgaben: 1985/86 vertrat sie die Banque de France in New York, von 1998 bis 2003 war sie Generalsekretärin im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Sie hat Erfahrung. Niemand soll also sagen können, Madame Nouy sei eine Art billiger Trostpreis für das stolze Frankreich, weil Präsident François Hollande vergeblich versucht hatte, seinen Finanzminister Pièrre Moscovici an die Spitze der Eurogruppe zu platzieren.
Auf Nachsicht oder Kulanz können die Banken bei ihr nicht hoffen, sie gilt als streng und pingelig. Als Chefin der französischen Aufsicht war sie nie geneigt, den Bankiers irgendwelche Extravaganzen durchgehen zu lassen. Ihr ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass abgesehen von der Pleite bei Dexia die Subprime-Krise in Frankreich vergleichsweise wenig Schaden angerichtet hat.
Nouy hatte nicht nur bereits 2007 von den französischen Banken eine höhere finanzielle Absicherung verlangt, sondern zuvor auch die Schaffung diverser „exotischer“ Derivate abgelehnt, die sich in der Folge als „toxische Produkte“ erwiesen hätten.
„Alle fürchten sie“, verriet ein Insider der Zeitung Le Monde. „Sie vertraut auf die eminente Rolle der Bankenregulation und vor allem auf die Kontrollen vor Ort in Banken.“
Das sind Referenzen, die erklären, warum es heute praktisch einstimmig heißt, Danièle Nouy habe genau das Profil für den neuen Posten der Bankenkontrolle der Eurozone. Das wird das EU-Parlament bei einer Anhörung am 27. November prüfen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern