piwik no script img

Eurokrise und kein EndeMärkte hetzen Italien

Das südeuropäische Land gerät ins Visier von Spekulanten, die Wirtschaftsdaten sind alarmierend. Die Regierung hofft währenddessen auf Frankreich.

Der Sturm der Krise lässt den Rettungsschirm wenig hilfreich aussehen. Bild: kallejipp/photocase.com

taz | Spaniens Banken sind vorläufig gerettet – und schon ist Italien ins Visier der Finanzmärkte geraten. Die Zinsen auf italienische Staatsanleihen stiegen am Dienstag weiter auf 6,205 Prozent an – am Vortag hatten sie noch bei 6,038 Prozent gelegen. 7 Prozent gelten unter Experten als „Todeszone“, die Grenze, ab der es für den Staat zu teuer wird, die Anleihen zu bedienen. Schon am Vortag war die Mailänder Börse mit minus 2,8 Prozent weit stärker als andere Finanzplätze Europas eingebrochen, abgeschwächt setzte sich der Trend am Dienstag fort.

„Die Märkte attackieren Italien“, titelte die Tageszeitung Corriere della Sera. Umgehend stellte Wirtschaftsminister Corrado Passera klar: Italien müsse gewiss nicht unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen. Wie nervös die Regierung ist, zeigte auch Italiens Regierungschef Mario Monti, als er eine Äußerung von Österreichs Finanzministerin Maria Fekter harsch als völlig „unangebracht“ rüffelte. Fekter hatte im Fernsehen erklärt, es könne sein, dass auch Italien angesichts der hohen Zinsen, die das Land an den Märkten zahlen müsse, auf Hilfen angewiesen sei.

Nicht nur Monti ist von den neuesten Konjunkturdaten alarmiert: Danach ging das Bruttoinlandsprodukt Italiens im ersten Quartal 2012 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 1,4 Prozent zurück. Die Industrieproduktion sank zwischen Januar und April 2012 sogar um 6,6 Prozent gegenüber den ersten vier Monaten des Jahres 2011. Italien ist damit in jene Abwärtsspirale geraten, die alle Experten fürchten.

Mit dem Ziel, die Neuverschuldung des Landes im Jahr 2012 auf nur noch 2 Prozent zu senken, hatte die Regierung Monti vom November 2011 an drastische Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen beschlossen, die massiv auf den privaten Verbrauch durchschlagen. Der Effekt zeigte sich, als in der vergangenen Woche die Steuereinnahmen der ersten vier Monate 2012 bekannt wurden: Gegenüber den ursprünglichen Schätzungen fehlten 3,4 Milliarden Euro. Damit rückt eine erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent näher. Zugleich muss Italien mit zusätzlichen Belastungen kämpfen: Die Rettung der spanischen Banken bringt womöglich zusätzliche Ausgaben von etwa 20 Milliarden für den Etat mit sich.

Als wäre das noch nicht genug, traf das Erdbeben im Mai mit der Emilia-Romagna einen der industriellen Kerne des Landes. In hunderten Fabriken steht die Produktion weiter still. Da die Hallen nicht erdbebensicher sind, sind noch weitere Produktionsausfälle zu erwarten. Angesichts dieser Situation hat die Regierung derzeit nur eine Hoffnung: Sie setzt darauf, zusammen mit Frankreichs neuem Präsidenten François Hollande mehr Geld für die Bekämpfung der Eurokrise zu erstreiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • T
    twmh

    Bei mir vorm Haus ist samstags immer ein kleiner Markt. Jetzt weiss ich, was der an den anderen Wochentagen macht: der hetzt Italien!

  • R
    Renegade

    "Eurokrise und kein Ende" - ist ja auch kein Wunder, da ja von den schlauen EU-Bürokraten und ihren Banker-Freunden noch keiner eine wirklich sinnvolle Idee zur Beendigung derselben hervorgebracht hat. Und da ja alle Länder versuchen, sich durch Weitergraben aus dem Loch, in das sie sich gebuddelt haben, zu befreien, wird es wahrscheinlich auch so bald kein Ende geben, es sei denn, die Grube fällt zusammen und begräbt diese ganzen Zauberkünstler der europäischen Politikerklasse unter sich...

  • J
    jenny

    Wie aussagekräftig sind offizielle Statistiken in einem Land, in den je nach Region 25 - 35% der Wirtschaftsleistung in der "Schattenwirtschaft" erbracht wird; sollten die realistischen Italiener da nicht jetzt schon "privat" vorsorgen indem sie noch etwas mehr Steuern dem in effiktiven u. bürgerfeindlichen nimmersatten Staat vorenthalten ?

     

    Wichtig ist, dass Merkel u. Co. keine Begehrlichkeiten auf Rettungsmilliarden aufkommen lassen, denn Italien hat ein weitaus höheres Volksvermögen pro Kopf als Deutschland u. eine effektive Eintreibung der Steuern müssen monti & Co. schon selbst bewerkstelligen, dann würden aus den Defiziten ganz schnell Überschüsse !!!

  • S
    SamSpeed

    Wie sich das anhört:

     

    "Das südeuropäische Land gerät ins Visier von Spekulanten..."

     

    aber es ja Tatsache.

     

    Vielleicht sollten wir lieber eine Sondereinheit Spekulanten erstellen als nur für Terroristen. Denn wenn man sich die Welt anschaut ...

    sei es Griechenland... ist den Spekulanten zum Opfer gefallen. Große Teile von Südamerikas Wälder sind "Nahrungsmittelspekulanten" zum Opfer gefallen die Essen zu Sprit verarbeiten lassen oder es direkt in die Verbrennung fahren.

     

    Ich denke es gibt viele Spekulanten-Anschläge aber die werden immer nur klein geredet in irgendwelchen Unsummen von Währungausgleichen die es leichter machen Regierungen machtlos werden zu lassen.

     

    Die wahren Opfer dieses wahnsinnigen Systems, das ja so super gerecht ist(*HUST*), die Bürger, die in Armut und schlimmeres stürzen werden dabei zur Randnotiz es sei denn sie kämpfen für

    ihre Rechte als Bürger. Aber dann heist wieder nur

     

    "Randalierer, Autonome, eine kleine Gruppe".

     

    Wo soll das enden? wenn wir alle unter den "Rettungsschirm" waren ? Treffen sich dann alle und sagen "Ja dann nullen wir mal".

     

    Wohl nicht.