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EurokolumneRaus aus der Troika!

Kolumne
von Sabine Reiner

Die Eurozone hat sich in eine scheinbar ausweglose Lage manövriert. Was tun? Der IWF scheint es zu wissen: Schluss mit der ökonomischen Voodoopolitik.

Der IWF scheint unter seiner Chefin Christine Lagarde dazu gelernt zu haben Bild: dpa

W irklich raus aus dem Euro will außerhalb von Deutschland, wo die neugegründete Alternative für Deutschland für eine Auflösung des Währungsgebiets wirbt, eigentlich niemand. Kein Krisenland, keine Partei, abgesehen von einzelnen Gruppierungen. Nicht einmal Syriza, der das immer wieder nachgesagt wird.

Tatsächlich hatte die griechische Linkspartei für den Fall eines Wahlsiegs lediglich in Aussicht gestellt, die Austeritätspolitik aufzukündigen. Auch die sich so solide fühlenden Nordeuroländer wissen sehr wohl, was bei einer Auflösung der Eurozone auf dem Spiel steht.

Die Frage ist nicht, ob eine Aufwertung der Deutschmark oder eines Nordeuro schädlich wäre, sondern nur, wie stark sie ausfallen würde. 30 Prozent? 50 Prozent? All die schöne Wettbewerbsfähigkeit wäre jedenfalls mit einem Schlag dahin. In den Krisenländern weiß die Bevölkerung ebenfalls sehr genau, dass ein Austritt aus der Eurozone allein die Schuldenberge nicht verschwinden lassen würde. Auch Drachme, Escudo oder Pesete schützen nicht vor Angriffen aus den Finanzmärkten.

Bild: privat
Sabine Reiner

Die 1962 geborene Autorin ist promovierte Politikwissenschaftlerin und Volkswirtin. Sie leitet den Bereich Wirtschaftspolitik beim Bundesvorstand der Gewerkschaft Ver.di. 2004 war sie Gründungsmitglied von Intervention – Europäische Zeitschrift für Ökonomie und Wirtschaftspolitik.

Die Eurozone hat sich in eine scheinbar ausweglose Situation manövriert. Die Menschen in den Krisenländern ächzen unter den Folgen der Kürzungspolitik, das versprochene Licht am Ende des Tunnels ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Obwohl Haushaltsdefizite sinken, steigen die Schuldenquoten wegen der gleichzeitig schrumpfenden Wirtschaftsleistung weiter.

Einer muss die Nerven verlieren

Die Erfolglosigkeit veranlasst VertreterInnen von Politik und Medien, lauthals die angeblich mangelnde Umsetzung zugesagter Maßnahmen anzuprangern und noch schärfere Kürzungen einzufordern. Das wiederum lässt – im besten Fall – Defizite weiter sinken, Ökonomien aber den Bach runtergehen und Arbeitslosigkeit sowie Schuldenquoten in schwindelnde Höhen steigen. Früher oder später muss eine Seite in dieser verfahrenen Situation die Nerven verlieren.

Tatsächlich könnte es jetzt Bewegung geben: Der Internationale Währungsfonds, der über die Troika mit im Spiel ist, scheint den selbst mit ausgelösten Teufelskreis erkannt zu haben. IWF-Chefin Christine Lagarde fordert einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland. Die Reaktion fällt bei manchen erwartungsgemäß allergisch aus:

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält überhaupt nichts davon, die Kanzlerin posaunt, ein Schuldenschnitt verschrecke die Investoren. Den IWF am liebsten gleich aus der Troika hinauskomplimentieren will EU-Kommissarin Viviane Reding. Wenn jemand in diesen Tagen von „Exit-Option“ spricht, könnte also nicht „raus aus dem Euro“, sondern „raus aus der Troika“ gemeint sein.

Optimistisch überschätzt

Ohne hier nach der Sinnhaftigkeit eines Schuldenschnitts zu fragen, steht hinter dieser Forderung allerdings kein plötzlicher Sinneswandel von Lagarde. Sie ist die konsequente Fortsetzung der IWF-Politik. Seine Warnungen wollte der Rest der Troika bloß nicht hören. Eine IWF-Studie hatte vor einigen Monaten ergeben, dass die negative Auswirkungen von Kürzungspolitik auf die wirtschaftliche Entwicklung bisher regelmäßig unterschätzt wurden. In weiteren Studien räumten die Experten ein, dass man die Wirkung der bisherigen Hilfsprogramme optimistisch überschätzt habe. Und genau das bestätigt sich laut IWF nun in Griechenland.

Die Botschaft des IWF ist klar: Die Krisenländer weiter totzusparen, bringt nichts, und alleine können sie es nicht schaffen. Verkehrte Welt für alle, die den IWF in den letzten Jahrzehnten als Totengräber für Länder des globalen Südens in wirtschaftlicher Not kennengelernt haben. Aber eine gewisse Lernfähigkeit sollte niemandem abgesprochen werden, auch keiner Institution.

Und wenn es die beim IWF tatsächlich gibt, wäre es am aussichtsreichsten, wenn er sich mit den Krisenländern zusammentäte und sie gemeinsam eine klare Ansage gegenüber den Nordeuroländern machten: Schluss jetzt mit der ökonomischen Voodoopolitik, sonst lassen wir die Eurozone platzen. Davor haben Letztere nämlich mindestens so viel Furcht wie Erstere. Wenn dieser Schachzug erfolgreich wäre, hätte die Eurozone noch eine gute Chance.

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9 Kommentare

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  • P
    Papadopolous

    @EINGAST

     

    und wenn die bösen Schlaglöcher beseitigt sind? Dein Kommentar zeit, wie weit du denkst! Bis zur Straße vor deiner Tür.

     

    1. Dein Kommentar ("Die "Krisenstaaten" haben lange Zeit über ihren Verhältnissen gelebt...") ist bedeutungsleer und außerdem eine populistische Floskel, die tausendfach wiederholt wurde.

     

    2. Wer genau zahlt den Preis?

     

    Bitte um Aufklärung.

     

    Mit freundlichen Grüßen

  • V
    Vodoo

    Sehr geehrte Frau/Herr EINGAST, wer sollte Ihrer Meinung nach eigentlich bestimmen, wer in welchen Verhältnissen zu leben hat?

     

     

     

    Glauben Sie wirklich das sich Ihre Verhältnisse immer dann bessern, wenn es anderen Menschen umso schlechter geht?

     

     

     

    Ein Ende dieser unwissenschaftlichen Voodoopolitik, die Wissenschaftsfern ist und auf keinerlei empirieschen Daten beruht ist zu begrüßen!

    • E
      Eingast
      @Vodoo:

      zu Frage 1 - Jeder bestimmt selbst in welchen Verhältnissen er zu leben hat.

       

       

       

      Zu Frage 2 - Nein, das glaube ich nicht.

  • EZ
    Eurozone zerlegen

    Nimmt Deutschland die Krisenstaaten als Geisel für die eigene Wettbewerbsfähigkeit? Wennn wir solche Angst vor einer aufwertenden Währung haben, müssten wir dafür sorgen, dass die Krise in Südeuropa ewig dauert. Denn nicht nur ein Nordeuro würde aufwerten, sondern auch ein Euro ohne Krise. Wenn wir dieses kranke Spiel immer weiter spielen, brauchen, wir uns nicht zu wundern, wenn uns irgendwann niemand mehr leiden kann, aber alle uns nach Kräften melken.

  • R
    reblek

    "Die Eurozone hat sich in eine scheinbar ausweglose Lage manövriert." - Tja, das wäre schön, wenn die Lage nur "scheinbar" ausweglos wäre. Denn "scheinbar" bedeutet: Es sieht nur so aus, als ob... Gemeint ist aber "anscheinend" mit dem entsprechenden Realitätsbezug: Es sieht ganz so aus, als ob...

  • L
    Louis

    Sabineleinerschen, die meisten MILLIONEN MENSCHEN in Deutschland haben nicht soviel Geld wie "die Leiterin des Bereichs Wirtschaftspolitik beim Bundesvorstand der Gewerkschaft Verd.di", die spüren jetzt schon die INFLATION.Es ist ja nett wie "solidarisch" Du mit den Griechen, usw. bist, aber wenn ich beim Aldi und selbst im reichen Herdern(Freiburg) die Menschen im Müll herumwühlen sehe, dann ist mir klar dass deine "Ideen" irgendwie nicht funktionieren werden. LOUIS

    • T
      topas
      @Louis:

      Kapiere ich nicht ! Was hat das Gehalt

       

      der Kolumneschreiberin mit dem Artikel

       

      zu tun ? Und wieso sehen Sie erst jetzt

       

      die Menschen in Müll herumwühlen ?

      • L
        Louis
        @topas:

        Wenn Sie einen Satz wie "die meisten MILLIONEN MENSCHEN in Deutschland haben nicht soviel Geld wie "die Leiterin des Bereichs Wirtschaftspolitik beim Bundesvorstand der Gewerkschaft Verd.di", die spüren jetzt schon die INFLATION" nicht verstehen können, dann sollten Sie besser Donald Duck lesen, ist sogar noch weniger komplex(Und ansonsten, fragen Sie doch mal was die Leute die im Müll herumwühlen vom Euro und von "Solidarität mit Griechenland" halten).

  • E
    EinGast

    Was wir im Moment in Europa beobachten können ist das Ergebnis der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Staate. Die "Krisenstaaten" haben lange Zeit über ihren Verhältnissen gelebt und zahlen heute den Preis dafür. Ob sich Griechenland von seiner selbst verschuldeten Misere erholt ist mir gleich, zumindest solange in meiner Strasse die Schlaglöcher vom letzten Winter noch nicht beseitigt wurden.