Eufor-Truppen in Bosnien-Herzegowina: Weltsicherheitsrat verlängert Mandat
Die Eufor-Truppen werden ein weiteres Jahr in Bosnien und Herzegowina stationiert bleiben. Die Furcht der Einwohner vor ihem Abzug hatte zuvor zu Hamsterkäufen geführt.
SARAJEVO taz Russland hat nun doch einer Resolution des Weltsicherheitsrates zugestimmt, das Mandat der internationalen Eufor-Truppen und der EU-Polizeiberater in Bosnien und Herzegowina um ein Jahr zu verlängern. Im Anschluss daran forderte am Mittwochabend der Weltsicherheitsrat die politischen Kräfte im Lande auf, die von der EU vorgeschlagenen Reformen umzusetzen und mit dem UN-Tribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. In Sarajevo herrscht Erleichterung.
Noch am Dienstag hatten viele geglaubt, Bosnien und Herzegowina stehe eine neuer Krieg bevor, und Hamsterkäufe getätigt. Viele Einwohner waren so verunsichert, dass sie sich ernsthaft überlegten, das Land zu verlassen.
Das internationale Militär bleibt. Und damit ein Garant dafür, dass es nicht wieder zu Kämpfen zwischen den Volksgruppen kommt. Das dreiköpfige Staatspräsidium aus je einem Bosniaken, Serben und Kroaten ordnete für den gestrigen Donnerstag eine Sitzung aller politischen Parteien an. Auf ihr sollte über weitere Schritte zur Entspannung der Lage beraten werden.
Westliche diplomatische Kreise warnten jedoch davor, die Krise schon als überwunden zu betrachten. Denn der Ministerpräsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, hat keines seiner Ziele aufgegeben. Er lehnt die von der EU geforderte Stärkung des Gesamtstaates weiterhin ab und will die Republika Srpska zu einem quasi unabhängigen Staat aufbauen. Äußeres Zeichen dafür war am Mittwoch die Eröffnung des neuen Regierungsgebäudes in der Hauptstadt der Republika Srpska, Banja Luka, das zwischen 40 und 100 Millionen Euro gekostet haben soll. Der pompös eingerichtete Regierungssitz kontrastiert erheblich zu den materiellen Sorgen eines großen Teils der Bevölkerung.
Auch die serbische Seite hätte ein Interesse am Mandat der Eufor, weil sie nur über schwache militärische Kräfte verfüge, versichern diplomatische Quellen. Allerdings sei noch nicht ausgemacht, ob Dodik im Zusammenspiel mit den Interessen Belgrads und Moskaus nur die Stärkung der Republika Srpska anstrebt oder die Loslösung der Teilrepublik, die 49 Prozent der Fläche Bosniens und Herzegowinas einnimmt. Die Krise im Land werde weiterschwelen. Wenn die von der EU geforderten Reformen - etwa die Schaffung einer einheitlichen Polizei - nicht stattfänden, könne das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU nicht getroffen werden, und so blieben die anderen Volksgruppen Geisel der serbischen Politik.
Milorad Dodik, der seit seinem überwältigenden Wahlsieg im Herbst letzten Jahres die serbische Teilrepublik fast diktatorisch führt, stößt zunehmend auch bei Serben auf Kritik. Korruptionsvorwürfe werden laut, denn es ist kaum zu erklären, wie das Gehalt des Ministerpräsidenten ausreichen soll, eine Villa in Belgrad zu finanzieren. Und der Mord an einem Beamten, der einige Korruptionsskandale der jetzigen Führungsschicht aufdecken wollte, hat ihn in ein zweifelhaftes Licht gerückt.
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