piwik no script img

Eskalierende Gewalt in SambiaWahlkampf mit der Waffe

In Sambia macht Präsident Edgar Lungu die Streitkräfte mobil. Er will die zunehmende Gewalt vor den anstehenden Wahlen eindämmen.

Sambias Präsident Edgar Lungu bei Begräbnis von Langzeitherrscher Kenneth Kaunda im Juli 2021 Foto: Tsvangirayi Mukwazhi/ap

Lusaka taz | Kurz vor der Präsidentschaftswahl am 12. August hat Sambias Präsident Edgar Lungu angekündigt, die Armee, die Luftwaffe und den Zivilschutz einzusetzen, um die eskalierende Gewalt im Wahlkampf zu beenden. „Ich unternehme diesen Schritt, um sicherzustellen, dass der Wahlprozess nicht gestört wird“, erklärte Lunguj am Sonntagabend in einer Ansprache. „Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten ist eine tägliche Mühe der Polizei, aber manchmal braucht sie Hilfe.“

Erste Luftwaffenschwadrone sind bereits in Teilen der Hauptstadt Lusaka stationiert worden und können je nach Bedarf in andere Landesteile verlegt werden.

Am Samstag waren zwei Aktivisten der Regierungspartei mit Stichwaffen getötet worden

Am Samstag waren zwei Aktivisten der Regierungspartei PF (Patriotische Front) in Lusakas Stadtviertel Kanyama getötet worden, angeblich von UPND-Mitgliedern mit Stichwaffen beim Angriff auf ein PF-Wahlkampflager. Sambias Wahlkommission verurteilte die „schaurigen“ Morde.

„Ich bin traurig – nicht, weil die Opfer Mitglieder meiner Partei waren, sondern weil sie Sambier waren, die es nicht verdienten, auf diese Weise zu sterben“, sagte auch Präsident Lungu und rief seine Landsleute auf, die Parole des im Juni verstorbenen Staatsgründers Kenneth Kaunda nicht zu vergessen: „One Zambia, One Nation“.

Chaos-Vorwurf an die Opposition

Der Wahlkampf zwischen der regierenden PF und der größten Oppositionspartei UPND (United Party for National Development) des Geschäftsmannes Haikande Hichilema ist in den vergangenen Wochen zunehmend scharf geworden. Die PF hat der UPND in einem Bericht unterstellt, in den Tagen vor der Wahl Chaos stiften zu wollen. Sie sei dabei, 60.000 Jugendaktivisten als Miliz zu mobilisieren, um eine unter den geltenden Covid-19-Regeln illegale Großversammlung in einem Stadion abzuhalten und, wenn die Polizei dies verhindere, in die Straßen von Lusaka auszuschwärmen.

„Sie werden Autos anzünden, sie werden Läden anzünden, sie werden Menschen töten“, behauptete PF-Sprecher Antonio Mwanza.

Die UPND hat dies empört zurückgewiesen. „Als UPND-Jugend sind wir verblüfft über die Neigung der PF, Lügen zu verbreiten“, sagte UPND-Jugendsprecher Phinias Pumulo. „Wir warnen Herrn Mwanza, dass kein Ausmaß an Schummelei und Schmähung es verhindern kann, dass Präsident Hichilema am 12. August zum Präsidenten aufsteigt.“

Bei den letzten Wahlen 2016 hatte sich Lungu nur ganz knapp gegen Hichilema durchgesetzt – mit 50,3 gegen 47,6 Prozent, ein Vorsprung von rund 100.000 Stimmen in dem Land mit 19 Millionen Einwohnern. Bei den vorletzten Wahlen 2015 hatte Lungu sich sogar mit weniger als 30.000 Stimmen Vorsprung durchgesetzt.

Opposition beklagt Behinderung

Im laufenden Wahlkampf hat es auf beiden Seiten Tote gegeben. Vergangene Woche warf Hichilemas Partei UPND der Regierung bereits vor, die Sicherheitskräfte zu politisieren: Die Luftwaffe habe Hichilema verboten, durch das riesige Land zu fliegen, um Wahlkampf zu führen, und die Polizei verbiete aus Covid-19-Gründen Oppositionskundgebungen, lasse aber Kundgebungen der Regierungspartei zu.

Die zivile Luftfahrtbehörde dementierte, der UPND Flugrechte für ihre Hubschrauber verweigert zu haben. Nun mobilisiert Präsident Lungu ausdrücklich die Luftwaffe zur Eindämmung von Gewalt im Wahlkampf.

Oppositionsführer Hichilema hat derweil die Streitkräfte zur Neutralität aufgerufen. „Wir haben vollstes Vertrauen darin, dass Offiziere, die den Willen des Volkes verteidigen, die Anerkennung einer dankbaren Nation erhalten werden“, sagte er. „Ich rufe die Streitkräfte zu Fairness und Gerechtigkeit auf.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!