Erster Coronavirus-Infizierter in Berlin: Die Anspannung aushalten
Der Ratschlag, sich gut die Hände zu waschen, klingt so sinnvoll wie hilflos als Maßnahme gegen das Virus. Bisher bleiben die Berliner trotzdem cool.
I n diesen Tagen möchte man in die Zukunft schauen können. Nicht weit. Vielleicht reicht schon eine Woche aus, um die Frage beantworten zu können, ob wir gerade wegen des ersten bestätigten Coronavirus-Falls in Berlin allzu hysterisch reagieren. Oder, andersherum, die Gefahr vielleicht sogar unterschätzen?
Ist es irre, jetzt massig Nudeln und passierte Tomaten auf Vorrat einzukaufen, wie es, den leeren Regalen in Supermärkten nach zu schließen, viele BerlinerInnen tun? Oder nur ein Mindestmaß an Voraussicht in ungewissen Zeiten, deren Ende völlig offen sein mag?
Inzwischen tummeln sich also ganz offiziell auch in Berlin Viren, die eine Krankheit auslösen, die für manche tödlich endet. Dass es so gekommen ist, überrascht nicht. Es war klar, dass das Coronavirus nicht in NRW oder Baden-Württemberg oder Hamburg haltmachen würde. Und doch bleibt die Unsicherheit beträchtlich. Und so wirken die Hinweise auf gründliche Handhygiene, die jetzt in Firmen und Schulen noch mal verstärkt ausgegeben werden, gleichzeitig sinnvoll und hilflos.
Beruhigend dabei ist, dass die BerlinerInnen bisher meist cool bleiben. In der U-Bahn versucht man zwar, allzu enges Nebeneinandersitzen zu vermeiden; aber niemand springt in Panik aus der Bahn, wenn jemand hustet. Kaum einer trägt öffentlich die offenbar überall ausverkaufen Mundschutzmasken. Und auch die Corona-Telefonnummern der Krankenkassen werden bisher relativ selten angewählt.
Was passiert noch?
Also doch alles wie immer in Berlin, abgesehen von ein paar Hamsterkäufen? Ja. Noch … Doch die Anspannung ist spürbar. Viel hängt von den nächsten Tagen ab. Davon, wie viele Fälle entdeckt werden, wie viele Menschen in Quarantäne müssen, welche Veranstaltungen nach der Internationalen Tourismusbörse noch abgesagt werden.
Wichtig ist dabei auch die Wahl der Worte: Von einer „Seuche“ zu sprechen, wie es bisweilen passiert, ist absurd. Auch der Ausdruck „Epidemie“ sollte nur vorsichtig verwendet werden. Vielleicht wissen wir schon in einer Woche mehr. Und vielleicht ist dann auch ein Hauch von Frühling zu spüren. Der soll Viren ja den Garaus machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!