Erste Scheidungsmesse der Welt: Das Geschäft mit der Trennung
In Wien war die wohl weltweit erste Scheidungsmesse zu bestaunen. Die Aussteller: Gen-Analysten und Frisöre.
WIEN taz Alf Hoffmann wartet auf Klientinnen. Der unüberhörbar deutsche Zuwanderer vertritt die Firma Hairdreams mit Sitz in Graz. Seine typische Klientin ist die frisch geschiedene Frau, denn Frauen, so der Coiffeur, haben das Bedürfnis, sich nach einer Trennung "für den Schritt ins neue Leben" gründlich zu verändern. Manche lassen sich die Haare abschneiden oder färben. Andere entschließen sich zum Einflechten von Haarverlängerungen. Männer, so Hoffmann, tun in solchen Situationen selten etwas für ihr Äußeres: "Die kaufen sich einen Porsche."
Die Firma Hairdreams hat einen der 16 Stände auf der wahrscheinlich weltweit ersten Scheidungsmesse gemietet, die am Wochenende im Hotel Marriott an der Wiener Ringstraße über die Bühne ging. Veranstalter Anton Barz, der durch Teddybär-Ausstellungen bekannt wurde, freute sich über den unerwarteten Zustrom von Besuchern und vor allem Presseleuten. Mit 250 Besucherinnen und Besuchern habe er pro Tag gerechnet. Samstag, eine Stunde vor Schluss, waren bereits 400 Zählkarten ausgegeben worden. Die Idee zu einer solchen Veranstaltung hatte Barz schon vor vier Jahren. "Damals war ich aber zu feige, um das anzugehen". Denn es sei gar nicht leicht, Aussteller zu gewinnen. Bei einer Hochzeitsmesse im Frühjahr hatte er da weniger Probleme. Doch die hohe Scheidungsrate von landesweit 50 Prozent - in Wien werden gar zwei von drei Ehen wieder geschieden - überzeugte ihn schließlich von der Notwendigkeit einer solchen Messe. Den Plan, Frauen und Männer getrennt einzulassen, hat er verworfen: "Wie man sieht, geht alles sehr friedlich ab."
Für das friedliche Miteinander sorgen nicht nur die Mediations- und Beratungsstellen, die ihre Dienste anbieten. Es sind auch kaum Paare zu beobachten, denen es eingefallen wäre, gemeinsam zu kommen. Die einen haben die Trennung schon hinter sich, die anderen möchten sich lieber allein darauf vorbereiten. Ihnen hat die Detektei Markus Gruber Investigations (M.G.I.) etwas anzubieten. Peter König, der eine vierjährige Detektivausbildung hinter sich hat, spioniert mit allen erlaubten Mitteln hinter untreuen Ehepartnern her.
Für misstrauische Väter hat Susanne Haas ein Angebot. Laut Statistik sind rund 8 Prozent der Männer nicht die Väter der Kinder, die sie als die ihren betrachten. In Deutschland werden jährlich 40.000 Vaterschaftsgutachten in Auftrag gegeben. Die Mikrobiologin kann mit ihren DNA-Analysen den unumstößlichen Beweis erbringen. Jeden vierten Kunden outet sie als Vater eines Kuckuckskindes.
Für jene, die schnell zu einer neuen Partnerschaft finden wollen, organisiert die Agentur VKP fünftägige Gruppenreisen mit Gleichgesinnten an den Wörthersee. Wer es ganz eilig hat, der probiert es mit Speed Dating.
Um Scheidungskinder kümmert sich die Organisation Rainbows in gruppenpädagogischen Treffen. Und für den passenden Rahmen bei der Scheidung sorgt Andreas Vondru mit seinen Scheidungspartys: "Wir bieten Bands, DJs oder Showbarkeeper für alle, die neu durchstarten wollen."
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