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Erschossene Polizisten in DallasPolizei rechtfertigt Robotereinsatz

Der Robotereinsatz zur Tötung des Attentäters? „Kein ethisches Dilemma“, sagt der Polizeichef von Dallas. Er korrigiert die Zahl der verletzten Polizisten auf neun.

Am Dienstag will US-Präsident Barack Obama bei einer Gedenkfeier in Dallas sprechen Foto: dpa

Chicago/Birmingham afp/dpa/ap | Die US-Polizei hat den Einsatz eines Roboters zur Tötung des Attentäters von Dallas verteidigt. „Dies war kein ethisches Dilemma für mich. Ich würde es wieder tun“, sagte am Montag der Polizeichef der texanischen Millionenstadt, David Brown. Er würde „jegliches Instrument einsetzen, um das Leben unserer Beamten zu retten“.

Der Heckenschütze hatte am Donnerstag fünf Polizisten erschossen, bevor er stundenlang von den Einsatzkräften in einer Parkgarage umzingelt wurde. Nach Schusswechseln und Gesprächen mit dem Täter wurde der 25-jährige Afghanistan-Veteran schließlich mittels des mit Sprengstoff bestückten Roboters getötet. Es war offensichtlich das erste Mal, dass die US-Polizei einen Roboter auf derartige Weise einsetzte.

Brown korrigierte am Montag die Zahl der von dem Heckenschützen verletzten Polizisten nach oben. Nach seinen Angaben wurden neun Beamte sowie zwei Zivilisten verletzt. In den Tagen zuvor war noch von sieben angeschossenen Polizisten die Rede gewesen.

Bei dem gegen den Heckenschützen eingesetzten Roboter handelte es sich den Polizei-Angaben zufolge um ein Gerät, das eigentlich für die Entsorgung von Bomben ausgerichtet ist. Der ferngesteuerte Roboter kostet 150.000 Dollar (rund 135.000 Euro), ist mit einer Kamera ausgestattet und kann Lasten von bis zu etwa 27 Kilogramm tragen.

Es dauerte laut Brown etwa 15 bis 20 Minuten, um den Roboter zu einer Angriffsmaschine umzufunktionieren. Das Gerät wurde dazu mit etwa einem halben Kilo Plastiksprengstoff bestückt. Seine einzige Anweisung an die Einsatzkräfte sei gewesen, dass sie „nicht das Gebäude zum Einsturz bringen“ sollten, sagte der Polizeichef.

Wieder Proteste gegen Polizeigewalt

Die Proteste gegen Polizeigewalt in den USA reißen nicht ab. Auch am Montagabend (Ortszeit) gingen in zahlreichen Städten wieder Hunderte Menschen auf die Straße. So blockierten Demonstranten eine wichtige Verkehrsstraße in der Metropole Chicago in Illinois. Eine größere Protestkundgebung gab es auch im kalifornischen Sacramento.

Anlass für die Protestserie sind tödliche Polizeischüsse auf zwei Schwarze in der vergangenen Woche. Danach waren in der Nacht zum vergangenen Freitag während einer Demonstration gegen Polizeigewalt in Dallas fünf Polizisten von einem Afroamerikaner erschossen worden – vermutlich aus Hass auf Weiße.

Kollegen der toten Polizisten wollten sich am Montagabend in der texanischen Stadt zu einer Mahnwache versammeln. Am Dienstag will US-Präsident Barack Obama bei einer Gedenkfeier in Dallas sprechen.

Polizeigewalt befeuert Extremismus unter Schwarzen

Im Windschatten der öffentlichen Empörung über Polizeigewalt in den USA bekommen schwarze Extremistengruppen nach Einschätzung von Bürgerrechtsgruppen immer mehr Zulauf. 2014 seien 113 Organisationen gezählt worden, die Separatismus befürworten, sich Weißen überlegen fühlen und andere radikale Ideologien hegen, teilte das Southern Poverty Law Center am Montag mit.

Schon bis Ende 2015 sei die Zahl solcher Gruppen auf 180 gestiegen. Dies stelle einen Zuwachs um fast 60 Prozent gegenüber dem Zeitraum vor den Protesten gegen die tödlichen Polizeischüsse auf den jungen Schwarzen Michael Brown dar.

Heidi Beirich vom Southern Poverty Law Center sagte, zum Teil treibe die Wut über Fälle von Polizeigewalt die Menschen zu Hassgruppen. Die Organisation Anti-Defamation-League, die sich gegen Diskriminierung von Juden einsetzt, teilte zwar die Einschätzung. Doch sagte, es sei schwierig, die genaue Zahl solcher Extremistengruppen oder deren Mitgliederzahl zu bestimmen.

Der mutmaßliche Attentäter von Dallas, der vergangene Woche während einer Demonstration gegen Polizeigewalt fünf Polizisten erschossen haben soll, hatte auf Facebook etliche schwarze Extremistengruppen mit „Gefällt mir“ markiert.

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3 Kommentare

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  • Die Gedenkveranstaltungen aller Art könnten so auch automatisiert werden.

  • Natürlich war in diesem Fall der Einsatz des Exekutionsroboters gerechtfertigt, oder wieviele Polizistenleben wären denn noch verzichtbar gewesen?

    Solange durchgeknallte Politiker, wie der Ex-Bürgermeister Guilliani, friedliche Protestgruppen wie "Black Lives Matter" als Terroristen denunzieren braucht man sich über eine Radikalisierung einiger nicht zu wundern.

  • Es war kein "ethisches Dilemma" sondern schlicht ein unverhältnismässiger Einsatz. Nicht der Einsatz des Roboters an sich, sondern die Verwendung einer tödlichen Sprengladung wo doch andere Ladungen wie z.B. Tränengas, Betäubungsmittel etc. es auch getan hätten. Während Polizist_innen aus Selbstschutz heraus gezielt schiessen müssen, können und müssen Roboter auch bei bewaffneten Täter_innen mit nichttödlichen Waffen ausgerüstet werden.

    Nicht der Einsatz eines bewaffneten Roboters an sich war problematisch sondern dessen übermässige Bewaffnung.