piwik no script img

„Erotik ist nicht rechtswidrig!“

Medienwächter Wolf-Dieter Ring über die Probleme von Kontrolle und Selbstkontrolle

taz: Die „Gemeinsamen Stelle Jugendschutz und Programm“ der Landesmedienanstalten, deren Vorsitzender Sie sind, hat sich eingehend mit Beate Uhse TV beschäftigt . . .

Wolf-Dieter Ring: Es wurde im Zulassungsverfahren geprüft, ob da Inhalte vorgesehen sind, die gegen geltendes Recht verstoßen. Wir haben das zur Abstimmung in die Direktorenkonferenz gebracht. Alle Landesmedienanstalten haben dort ein einstimmiges Votum zu diesem Programm abgegeben. Erotik im Fernsehen ist zulässig, und wir können schlecht Zulässiges für rechtswidrig erklären. Das Problem ist die Abgrenzung von Pornografie und Erotik bei diesem Angebot.

Wo ziehen Sie die Grenze?

Dafür gibt es einen Bewertungsleitfaden mit ganz praktischen Fragen. Wesentlich für Pornografie ist die inhaltliche Verabsolutierung des sexuellen Lustgewinns, eine apersonale Sexualität und die Degradierung des Menschen zum auswechselbaren Objekt. Formal sprechen wir von Pornografie als einer überdeutlichen Darstellung von Sex und dessen unverfremdeter Vermittlung.

Welche Rolle messen Sie hierbei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) zu?

Wir wollen keineswegs an die Stelle der FSF treten. Die hat eine enorme Bedeutung bei der Wahrnehmung publizistischer Verantwortung der Sender selbst, während wir uns mit Beanstandungen und Bußgeldern im Ordnungspolitischen bewegen. Das ergänzt sich und ist kein Gegensatz. Beate Uhse ist Mitglied der FSF geworden, was ich generell sehr begrüße.

Beate Uhse TV vermarktet Sex als „Lifestyle“ . . .

Erotik ist ja ein wichtiger Teil des Lebens. Mit Sexualität kann man auch selbstverständlicher umgehen. Was aber ausdrücklich nicht heißt, dass wir mit pornografisch problematischen Darstellungen locker umgehen sollten.

Wo sehen Sie dringendere Jugendschutzprobleme?

Bei der Debatte um Gewaltdarstellungen im Fernsehen, die zurzeit offensichtlich untergegangen ist. Aber auch bei Psycho-Formaten wie „Big Brother“, die in Wertfragen weit grundsätzlichere Veränderungen schaffen als das, was wir hier im Zusammhang mit Erotik diskutieren.

INTERVIEW: STG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen