Eröffnungsverschiebung Berliner Flughafen: Keiner will's gewesen sein
Offene Schuldfrage: Dass es nicht zu einer „Punktlandung“ in Schönefeld kommt würde, war abzusehen. Über die Verantwortung lässt sich nur spekulieren.
BERLIN taz | Schon vor Monaten war die Mängelliste des neuen Hauptstadtflughafens bekannt. Das räumte auch Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit in einer Regierungserklärung am Donnerstag ein. Doch warum wurde der geplante Eröffnungstermin erst am 8. Mai auf der kurzfristig angekündigten Pressekonferenz abgesagt? „Mängel beim Brandschutz“ lautete die offizielle Begründung. Bis dahin hatte die Flughafengesellschaft immer eine „Punktlandung“ versprochen.
Schon auf einer Sitzung am 9. Dezember 2011 hatte die Flughafengesellschaft dem Aufsichtsrat, in dem auch Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) sitzen, mitgeteilt, dass die behördliche Genehmigung für den Brandschutz noch fehle. In der letzten Sitzung am 20. April war dann klar: Die Entrauchungsanlage wird bis zum geplanten Eröffnungstermin am 3. Juni nicht vollautomatisch funktionieren.
Doch die Flughafengesellschaft gab sich zuversichtlich. Ein Übergangskonzept werde ausgearbeitet, um die Genehmigung durch das Bauordnungsamt zu erhalten, die geplante Eröffnung sei nicht gefährdet. Beim zuständigen Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald sind die für die Genehmigung notwendigen Unterlagen allerdings nie vollständig eingetroffen.
Es gab gar keinen Prüfungstermin
Am Montag, dem 7. Mai, einen Tag vor der Verschiebungs-Pressekonferenz, hatte sich die Flughafengesellschaft noch mit dem Landrat Stephan Loge (SPD) getroffen. „Ich habe den Vertretern der Flughafengesellschaft gesagt, dass wir die restlichen Unterlagen spätestens bis zum 21. Mai benötigen“, sagte Loge der taz. Andernfalls könne die Genehmigung nicht mehr rechtzeitig erteilt werden. Die Gutachter brauchen für die Prüfung der Brandschutzanlage drei bis vier Wochen. Am Donnerstag teilte der TÜV jedoch mit, dass noch gar kein Termin für die Überprüfung vereinbart worden sei.
Doch der mangelhafte Brandschutz dürfte nicht der einzige Grund für die Absage gewesen sein. In den letzten zwei Monaten berichteten die Medien über zahlreiche Mängel auf der Baustelle – die von den Flughafenbetreibern stets abgestritten wurden. Zum Beispiel die zu geringe Zahl der Check-in-Schalter: Bisher gibt es nur 94 im Terminal, 20 zusätzliche wurden als provisorische „Reserve“ in Zelten vor dem Terminal untergebracht.
Nach einem Protokollentwurf, aus dem der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe zitiert, sollen darin „hauptsächlich Türkeiverkehre (touristisch wie auch ethnisch) abgewickelt werden“. Die drei großen Gesellschaften – Air Berlin, Lufthansa und Easyjet – müssten die Übergangsmaßnahme nicht nutzen.
Erst im Frühling 2013 sollen 24 weitere Schalter in dauerhaften Pavillons vor dem Terminal fertig sein. Bei den Probeläufen konnten durchschnittlich nur 30 Komparsen pro Stunde einchecken – am Flughafen in Tegel sind es doppelt so viele. Daneben gibt es auch Probleme mit dem elektronischen System, das das Einchecken regelt.
Die Frage nach der Verantwortung für das Flughafenchaos ist auch fünf Tage nach der Eröffnungsverschiebung schwer zu klären. Der Aufsichtsrat des Flughafens betont, von der drohenden Absage nichts gewusst zu haben. Aufsichtsratschef Wowereit übt das Amt seit 2003 aus, seitdem hat er immer wieder betont, dass der Flughafen „Chefsache“ sei.
Das nährt Zweifel daran, dass Wowereit erst am Abend des 7. Mai von der unausweichlichen Terminverschiebung erfahren hat. Im Fokus der Kritik steht vor allem die Flughafengesellschaft und deren Geschäftsführer Rainer Schwarz. Fehler bei der Projektsteuerung hat Schwarz eingeräumt, Rücktrittsforderungen bisher zurückgewiesen.
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