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Erneuerbare EnergienGabriels unnötige Reform

Ökostrom wird billiger werden, sagt die Branche. SPD-Energieminister Gabriel plant dennoch eine Reform – die die Solarenergie belasten wird.

Sigmar Gabriel will stärkere Belastung für Strom aus Sonnenenergie. Bild: ap

BERLIN taz | Entsetzen bei den einen, Freude bei den anderen: Am Wochenende ist ein 12-seitiges Papier von Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) //www.taz.de/Reform-der-Energiewende/!131307/:bekannt geworden, das am Mittwoch vom Bundeskabinett geschlossen werden soll. Es bildet die Grundlage für eine Reform der Förderung von Ökostrom in Deutschland.

Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, freut sich: „Die Reformvorschläge sind richtige erste Schritte im Rahmen des politisch Machbaren.“ Weniger erfreut: Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft: „Wir sind schockiert“ sagt er der taz.

Grillo freut sich, dass sich die „Kosteneffizienz der Förderung“ für neue Anlagen verbessert würde. Er bezieht sich auf das, was Gabriels Ministerium „EEG 2.0“ nennt, das „kostengünstiger“ sein soll, als die erste Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Es garantiert jedem, der Strom aus Sonne, Wind, Wasser, Geothermie oder Biomasse gewinnt, über 20 Jahre einen Festpreis für den produzierten Strom. Diese Vergütung war in bislang relativ hoch, im Schnitt 17 Cent pro Kilowattstunde.

Gabriel verspricht jetzt, dass es dank seiner Reform 12 Cent werden. Dieses Ziel wird er sicher erreichen. Denn laut der vier Übertragungsnetzbetreiber, die für das Einsammeln des Geldes von den Stromkunden zuständig sind, kostet Strom aus neuen Wind- oder Solaranlagen im Jahr 2014 im Schnitt 11,1 Cent pro Kilowattstunde. Eine Reform wäre dafür also gar nicht notwendig.

Umso erstaunlicher, dass er die Notwendigkeit sieht, künftig Ökostrom zusätzlich zu belasten. Das ist das, was Körnig schockiert: „Da fragt man uns jahrelang, wann wir ohne Förderung auskommen und nun, wo wir erste erfolgversprechende lokale Direktvermarktungsmodelle mit diesem Ziel entwickeln, verbaut man uns ausgerechnet diesen Weg.“ Konkret geht es darum, dass Produzenten von Solarstrom künftig ebenfalls die EEG-Umlage zahlen sollen – Ökostrom also quasi seine eigene Förderung aufbringen soll und damit seine Wettbewerbsfähigkeit wieder verlieren würde.

Kritik aus der eigenen Partei bekam Gabriel auch wegen seiner geplanten Einschnitte bei der Windkraft. „Unsinnig“ nannte die Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD) fordert, der Ausbau von Windkraft müsse fortgesetzt werden. „Da wird man über einige Details aus dem Papier noch sprechen müssen.“ Rheinland-Pfalz warnte sogar vor einer Vollbremsung der Energiewende. Gabriel versuchte bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten die Wogen zu glätten.

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11 Kommentare

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  • OLLI37: Vollkommen richtig. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Mir gegenüber soll bitte niemand SPD oder Grüne sozial nennen! Denn es gibt nichts Unsozialieres, als für Geringverdiener die Strom-Nebenkosten auf über das Doppelte zu erhöhen, und zwar ohne jeden Ausgleich!

  • FN
    Frauke Niedermann

    Wenn die Produktion von Ökostrom bereits jetzt nur noch 11,1 cent kostet, der Staat aber über 20 Jahre lang 17c garantiert, wieso ist es dann unsinning, künftig nur noch 12c zu zahlen?

    • @Frauke Niedermann:

      Die Frage ist natürlich berechtigt. Zunächst einmal sind Verträge ja einzuhalten, also wird sich bei den bestehenden Anlagen an den 17 Cent/kWh auch 20 Jahre lang nichts ändern können. Bei 11,1 Cent/kWh Produktionskosten wäre das für den Ökostromproduzenten ein Ertrag (nicht Gewinn!) von 5,9 Cent/kWh.

      Der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte lag 2012 bei 26,4 Cent/kWh. Das heißt, dass Ökostrom derzeit um 15,3 Cent/kWh günstiger produziert wird als der gesamte Durchschnitt. Bei einem Abnahmepreis von nur 12 Cent/kWh verringert sich der Ertrag (nicht Gewinn!) auf 0,9 Cent/kWh. Es ist fraglich, ob dann überhaupt noch jemand in Ökostrom investieren kann - ausser den Stromriesen. Das ist dann doch das genaue Gegenteil von Energiewende - oder? Also, wenn die GroKo jetzt doch keine Energiewende mehr will, weil die Stromriesen Angst vor billigem Ökostrom bekommen haben, dann sollte Gabriel das auch klar so sagen. Wir verstehen das schon ;)

  • R
    reblek

    "SPD-Energieminister Gabriel plant dennoch eine Reform – die die Solarenergie belasten wird." - So, so, es gibt also einen Energieminister, der nur für die SPD zuständig ist? Und der macht eine "Reform", weil jeder, sorry, Scheißdreck, der in diesem Land verbockt wird, als "Reform" gilt.

    • H
      howe
      @reblek:

      Die, die diesen Sch...dreck verbockt haben, waren zunächst Grün-rot (EEG2000)aber auch Gelb-schwarz als die EEG-Umlage über Grenzen stieg. Mind. 400 Mrd. € Umlage schiebt die Politik vor sich her. Auch die Einschränkungen der neuen Politik machen diese Summe nur größer!

      Die Lüge beginnt mit der Bt-Ds. 14/2341 Seite 2 Punkte D und E!

  • H
    Hans

    SPD, Partei der Kohlelobby. CDU, Partei der Kernkraftlobby. Merkel hat doch den Erneuerbaren Energien schon längst ihr vollstes Vetrauen ausgesprochen. Sicher wird die Energiewende kommen, aber nicht zu lasten der Bürger, oder Konzerne. Sicher wird sie kommen, so wie der Mindestlohn, sicher bald, so mit Übergangsphase bis 2040, aber nur, wenn es den Bürger nicht belastet, oder die Konzerne...

     

    Wer hat uns verraten...

  • O
    olli37

    Der Solarlobbyist hat rein gar nichts zu fordern. Über 80% der in Deutschland installierten Module sind aus chinesischer Herstellung. Eine nennenswerte deutsche Solarindustrie gibt es nicht mehr, weil alle pleite gegangen. Wir EEG-Zahler subventionieren das jährlich trotzdem mit einem zweistelligem Milliardenbetrag (bisher über 100 Mrd. EUR) mit dem Ergebnis, dass ganze 5% (in Worten: FÜNF) der deutschen Stromproduktion aus Sonnenenergie erfolgt. Da die Einspeisevergütung 20 Jahre lang garantiert wird, werden wir noch lange für die üppige Rendite der Solaranlage auf dem Dach vom Einfamilienhaus des Zahlarztes zahlen müssen. Gerade diese Solarförderung war und ist ein gewaltiges Umverteilen von unten nach oben und gehört sofort abgeschafft.

    • @olli37:

      @ Olli - ich verstehe gar nicht, warum immer kritisiert wird, dass Solarmodule aus China kommen. Handys kommen auch alle aus China, und ich habe noch nie gehört, dass sich da einer drüber aufgeregt hat.

      • H
        howetzel
        @Rohloffbiker:

        Wer hat denn kritisiert? - Die Solarlobby und warum? Weil sie ihre Mondpreise nicht mehr an den Mann gebracht haben! In den USA hatten sie schon längst für den halben Preis die Module im Handel. Dann wurde nach dem Motto: "Haltet den Dieb" auf die Chinesen gezeigt! Q-Cells hat nach dem Börsengang mit etwa 1 Mrd.€ die Gründer ausgezahlt. Mit 500 Mio.€ sind sie in die Insolvenz gegangen. Armes Deutschland!

    • G
      Gast
      @olli37:

      Und ich Schaf hab geglaubt, die Sonne schickt keine Rechnung.

      • H
        howetzel
        @Gast:

        Liebes Schaf, die Sonne schickt ebenso keine Rechnung wie die Kohle. Diese Aussage verschleiert doch nur, dass der Arbeitspreis (in kWh) nicht das richtige Modell für die Aufwendungen in der Versorgung mit Elektroenergie ist! Richtiger wäre da ein Leistungspreis zu nennen, denn einerseits ist der Strompreis nur ein Bruchteil der Kosten für die Stromversorgung (5 von 27 ct.), andererseits müssen Leitungen nach Leistung(in kW) bemessen werden, die Einspeisefluktuationen müssen jederzeit leistungsgerecht ausgeglichen werden, ...!