Abkehr von der Geothermie: Beben in der Pfalz

Einst galt die Energiequelle als Hoffnungsträger, nun häufen sich die Probleme. Auch Landau will sein Kraftwerk stilllegen. Nicht einfach – und teuer.

Auch in Baden-Württemberg gibt es Probleme mit der Geothermie. Bild: dpa

FREIBURG taz | Die Konstellation ist durchaus ungewöhnlich: Die Stadt Landau in der Pfalz hält zwar Anteile am örtlichen Geothermie-Kraftwerk, kämpft aber für dessen Stilllegung. In einer Resolution fordert die Kommune vom Land „ein Ausstiegsszenario für die geothermische Energieerzeugung in Landau“. Die Technik sei „der Bürgerschaft nicht mehr vermittelbar“.

Das Kraftwerk verursacht Schäden: Erst gab es leichte Erdbeben, dann folgten Hebungen des Untergrunds und horizontale Verschiebungen. Folge waren Risse in Gebäuden und Straßen und verformte Bahngleisen. In Brauchwasserbrunnen auf dem Gelände des Kraftwerkes wurden zudem erhöhte Werte von Chlorid und Arsen festgestellt, die laut Landesamt für Geologie und Bergbau „auf eine Infiltration von Thermalwasser hinweisen“.

Das Kraftwerk war im Jahr 2007 auf einem ehemaligen Militärübungsplatz in Betrieb gegangen. Seither hat es 88,5 Millionen Kilowattstunden Strom ins Netz eingespeist, also im Schnitt rund 15 Millionen pro Jahr – eine einzige Offshore-Windkraftanlage schafft heute mehr.

Die Stromerzeugung aus Geothermie galt nach der Jahrtausendwende als ein Hoffnungsträger der Energiewende. Doch dann häuften sich die Probleme – nicht nur in Landau: Gerade 40 Millionen Kilowattstunden erzeugte die Erdwärme in Deutschland 2013, das deckte 0,07 Prozent des Strombedarfs. Geothermie ist nun die teuerste erneuerbare Stromquelle.

Teuerste Erneuerbare

In Landau standen anfangs zu gleichen Teilen die beiden regionalen Energieversorger EnergieSüdwest und Pfalzwerke hinter der Anlage. Doch 2013 zogen sie sich aufgrund der Probleme zurück. Sie wollten das Kostenrisiko nicht mehr tragen – und bangten um ihr Renommee.

Die Pfalzwerke gaben ihre Anteile komplett ab, die EnergieSüdwest, die zur Hälfte der Stadt Landau gehört, behielt noch 10 Prozent, um weiterhin als kritischer Beobachter an Bord zu sein. Nun gehören 90 Prozent des Unternehmens der Geysir Europe GmbH, einer Tochter der börsennotierten Daldrup und Söhne AG, die mit Öl- und Gasbohrungen groß wurde.

Daldrup will an dem Projekt festhalten: „Die Wiederinbetriebnahme ist im Spätsommer 2014 geplant“, teilte die Firma mit. Das Landesamt für Geologie und Bergbau allerdings hält das für unrealistisch. Zunächst müssten die Ursachen der Bodenbewegungen geklärt und abgestellt sein.

Der Betreiber berichtet, diese gefunden zu haben, nämlich „eine Leckage an einer Dichtung in circa drei Meter Tiefe“. Das Bergamt indes geht noch von einem weiteren Leck aus – und hält eine teure Erkundungsbohrung für nötig. Geysir Europe geht von 2 bis 3 Millionen Euro Sanierungskosten aus.

Die Bürgerinitiative Geothermie Landau/Südpfalz sieht in dem Plan, das „marode Kraftwerk“ wieder in Betrieb zu nehmen, eine „Ignoranz gegenüber den Tatsachen und Arroganz gegenüber den Landauer Bürgerinnen und Bürgern“.

Obwohl man im Rathaus das Kraftwerk inzwischen als „inakzeptable Belastung für die Stadt“ sieht, kann Landau das Projekt nicht allein stoppen. „Wir können nur politisch für die Stilllegung kämpfen“, sagt ein Sprecher des Rathauses. Abschalten könne nur die bergrechtliche Aufsicht, also das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium. Dort betont man, es müsse geprüft werden, ob durch die Ereignisse Zulassungsvoraussetzungen entfallen seien.

Für die Investoren steht viel Geld auf dem Spiel: 21 Millionen Euro hat das Kraftwerk gekostet. Auch die Steuerzahler: Rheinland-Pfalz hat das Kraftwerk mit 4 Millionen Euro Bürgschaft unterstützt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.