Ernährung: Falsche Ente auf den Tisch
Das freut das Klima und das Vieh: Eine taiwanesische Familie aus Hastedt vertreibt pflanzliche Fleisch-Imitate. Auch für diverse Weihnachts-Fakebraten ist gesorgt
Für viele ist es das Fest der Beilagen. An kaum einem anderen Tag ist die Ernährungssouveränität von Menschen, die Fleisch meiden, derart beschnitten wie jetzt, da von ihnen erwartet wird, sich an die Bratentafel der Anverwandten zu setzen. Diesen kulturellen Imperativ des Fleischverzehrs mit der verbreiteten Skepsis gegen denselben in Einklang zu bringen, das ist das Geschäft von Lo-Ping Tu. Die Bremerin mit taiwanesischen Wurzeln hat einen bundesweit einzigartigen Versand aufgebaut: Sie vertreibt Imitate von Fisch und Fleisch auf pflanzlicher Basis.
Ente aus Weizeneiweiß gibt es bei ihr zum Beispiel, für zwölf Euro das Kilo. "Das geht ziemlich gut weg", sagt sie, ebenso wie der Thunfisch aus Soja und Seetang, Hühnchen aus Tofu und Wasserkastanien oder Schweineschnitzel. Die Shrimps aus Yam-Mehl, optisch von den echten Krebstieren kaum zu unterschieden, seien hingegen "nicht jedermanns Sache", sagt Tu.
Wenn man "den Deutschen zeigen will, dass Vegetarismus eine tolle Sache sein kann", dann dürfe man "nie den Zeigefinger erheben", sagt sie. Vielmehr müsse man Fleischesser "abholen". Um ihren missionarischen Auftrag zu erleichtern, der auch das Werben für Fleischverzicht einschloss, hätten deshalb die buddhistischen Mönche Taiwans schon vor Jahrhunderten mit der Produktion des falschen Fleisches begonnen. "In Deutschland ist Veganismus immer noch irgendwie radikal", sagt Tu. In Asien hingegen sei es "völlig normal, vegane Tage einzulegen". Ihre Produkte gebe es in Taiwan "in jedem Supermarkt".
Dass ihr Versand seit Jahren steigende Umsätze verzeichne, sei typisch für die Branche, sagt Tu. Neben ethischen und gesundheitlichen Gründen spiele in letzter Zeit auch immer mehr der Klimaaspekt eine Rolle. "Viele Leute wollen bewusster mit der Umwelt umgehen." Die Rohstoffe für ihre Produkte seien "faktisch ökologisch angebaut," sagt Tu. Nur gebe es in Taiwan keine Möglichkeit der Zertifizierung, so dass sie das Label "Bio" nicht zur Vermarktung benutzen darf.
In den neunziger Jahren hat Tus Familie in ihrem Restaurant Mojo an der Schlachte die Akzeptanz der vegetarischen Fleischkopien getestet. "Viele Fleischesser sind bei sowas eigentlich skeptisch", sagt sie. Doch weil die Resonanz positiv gewesen sei, hätte sie sich zum Aufbau des Tiefkühl-Importgeschäfts entschieden. Das Mojo schloss, doch im Frühjahr eröffneten die Tus in der Hamburger Straße ein neues Restaurant, diesmal mit ausschließlich vegetarischer, taiwanesischer Küche. Ihre Fleischimitate, so versichert sie, seien aber küchenkulturübergreifend. "Damit kann man genau so gut Königsberger Klopse machen." Die seien auch allemal gefragter als die Tang-Imitate der in Ostasien beliebten Seeohren, einer Art submariner Schnecke. Für das Festmenü empfiehlt sie denn auch Bodenständiges: Lammbraten mit Pflaumen. "Zu Weihnachten lief das richtig gut."
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