Ermordete kurdische Aktivistinnen: Beerdigung verläuft friedlich
Zehntausende geben den in Paris ermordeten Frauen das letzte Geleit in Diyarbakir. Die Teilnehmer der Trauerfeier unterstützen den Dialog.
DIYARBAKIR taz | Zehntausende Kurden haben am Donnerstag an der Beerdigung von drei kurdischen Aktivistinnen teilgenommen, die vergangene Woche in Paris ermordet worden waren. Bei den Feierlichkeiten in Diyarbakir im Südosten der Türkei jubelten die Teilnehmer Rednern zu, die sich für eine Fortsetzung der Gespräche zwischen der Regierung in Ankara und der türkisch-kurdischen PKK aussprachen.
Auf der Beerdigung gingen die meisten davon aus, dass die Frauen getötet wurden, weil sie die Verhandlungen der Regierung mit PKK-Chef Abdullah ( „Apo“) Öcalan befürworteten. Öcalan wurde wegen Terrorismus zu lebenslanger Haft verurteilt und verbüßt seine Strafe im Gefängnis auf der Insel Imrali.
Die Leichen von Sakine Cansiz, Leyla Saylemez und Fidan Dogan waren am Mittwoch von Frankreich nach Diyarbakir überführt worden. In der „Hauptstadt“ Türkisch-Kurdistans wurden sie von etwa 2.000 Menschen in Empfang genommen. Mit Parolen wie „Lang lebe unser Führer Apo“ und „Die PKK ist das Volk“ gingen sie hinter den Särgen her.
Kein Wasserwerfereinsatz
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und die Vorsitzenden der beiden Oppositionsparteien im Parlament hatten zuvor an die Kurden appelliert, die Beerdigung nicht in eine PKK-Demonstration zu verwandeln. „Unsere Sicherheitskräfte sind in Alarmbereitschaft, um jedwede provokative Aktionen während der Beerdigungszeremonien zu verhindern“, sagte Erdogan am Mittwoch. Als die Trauergäste den Batikent-Platz füllten, hatten Antiaufstandseinheiten der Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen und Wasserwerfern schon Stellung bezogen. Sie kamen nicht zum Einsatz.
Die Demonstranten schienen der Vorgabe von Bürgermeister Osman Bademir Folge zu leisten, der die Bevölkerung aufgefordert hatte, sich von den Toten ruhig zu verabschieden und etwas Weißes als „ein Zeichen des Friedens“ zu tragen. „Der Kampf wird weitergehen, bis wir Freiheit für Kurdistan erreicht haben“, sagte Baydemir in schwarzem Trenchcoat und weißem Schal vor den Versammelten.
Doch Baydemir wich nicht von der offiziellen Linie der kurdischen Partei für Frieden und Demokratie (BDP) ab, dass Freiheit im Rahmen des türkischen Staates erreicht werden kann, wenn die Verfassung die kurdische Sprache und Kultur sowie kurdischen Unterricht an den Schulen erlaubt und den kurdischen Gebieten im Südosten des Landes ein hohes Maß an Autonomie garantiert.
Großer Schritt vorwärts
Die Regierung hat bisher einige Schritte hin zur Anerkennung der kurdischen Sprache unternommen, deren Existenz sie früher leugnete. Das staatliche Fernsehen verfügt inzwischen über einen kurdischen Kanal und Kurden können ihre Sprache an der Universität studieren. Doch bislang ist Kurdisch nicht in der Verfassung anerkannt.
In diesem Monat hat die Regierung einen großen Schritt vorwärts gemacht, als sie die Verhandlungen mit Öcalan bekannt gab. Erdogan beteuerte, die Gespräche hätten angesichts eines Aufstands mit rund 40.000 Toten den Frieden zum Ziel. Der Regierungschef fügte jedoch hinzu: „Niemand kann uns zum Aufgeben zwingen.“ Wie, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, bombardierten türkische Kampfflugzeuge am Wochenende Stellungen der PKK in den Kandil-Bergen im Nordirak.
Niemand auf der Beerdigung in Diyarbakir machte die Türkei für die Morde verantwortlich. In den Worten des BDP-Chefs Selahattin Demirtas klang das so: „Durch unsere Anwesenheit zeigen wir, dass wir Öcalans Verhandlungen unterstützen.“
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