Ermittlungen zum EnBW-Deal eingestellt: Keine Anklage gegen Mappus
Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen gegen Ex-Regierungschef Mappus zum EnBW-Deal ein – obwohl sie eine Pflichtverletzung ausgemacht hat.
STUTTGART dpa | Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) wird sich nicht strafrechtlich für den von ihm eingefädelten EnBW-Deal verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft stellte ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue ein. Es habe kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden können, teilte die Behörde am Mittwoch in Stuttgart mit. Sie erhebt somit keine Anklage gegen den früheren Regierungschef. Mappus' Anwälte sprachen von einem „großen Sieg des Rechtsstaats“.
Die Staatsanwälte hatten im Juli 2012 Ermittlungen aufgenommen, weil Mappus Ende 2010 beim Rückkauf von Anteilen des Karlsruher Energieversorgers EnBW von der französischen EDF mit 4,7 Milliarden Euro möglicherweise zu viel gezahlt und damit dem Land Baden-Württemberg geschadet haben könnte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte zuerst über die Einstellung des Verfahrens berichtet.
Ebenso verliefen die Ermittlungen gegen den früheren Staatsminister Helmut Rau und Ex-Finanzminister Willi Stächele (beide CDU) wegen Untreueverdachtes im Sande. Sie hätten zwar – ebenso wie Mappus – ihre Pflicht verletzt, den Kaufgegenstand vor der Unterzeichnung des Vertrages genau zu prüfen und zu bewerten. „Jedoch konnte ihnen kein vorsätzliches Handeln bezüglich eines Vermögensschadens zum Nachteil des Landes Baden-Württemberg nachgewiesen werden“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Dies sei aber eine zwingende Voraussetzung für den Tatbestand der Untreue. Ein fahrlässiges Verhalten sei indes nicht strafbar.
Zudem ließen die Staatsanwälte den Verdacht der Beihilfe zur Untreue gegen den früheren Berater und Vertrauten von Mappus, Dirk Notheis von der Investmentbank Morgan Stanley, fallen. Notheis hätte sich nur wegen Beihilfe strafbar machen können, wenn auch der vermeintliche Haupttäter eine Straftat begangen hätte, hieß es zur Begründung.
Konkret zur Frage, ob dem Land Baden-Württemberg mit dem EnBW-Deal ein Vermögensnachteil entstanden ist, hatte die Staatsanwaltschaft ein Gutachten beim Münchner Finanzprofessor Wolfgang Ballwieser in Auftrag gegeben. Dieser war zu dem Ergebnis gekommen, dass Mappus rund 780 Millionen Euro zu viel für das EnBW-Aktienpaket bezahlt hat. Jedoch seien solche Expertisen naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet, erklärte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch.
Mappus' Anwälte werteten die Einstellung des Verfahrens als Rehabilitierung ihres Mandanten. Sie zollten der Staatsanwaltschaft Stuttgart großen Respekt. Sie habe trotz des „enormen Drucks von außen“ unvoreingenommen und sachgerecht entschieden. Im Landtag hatte sich ein Untersuchungsausschuss ausführlich mit dem EnBW-Deal beschäftigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste