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Ermittlungen laufen auf Hochtouren

■ 20köpfige Kripo-Sonderkommission soll Brandanschlag auf Kaiser's- Filiale aufklären. 750 „Befragungen“ wurden bereits durchgeführt

Der Brandanschlag auf den Kaiser's-Supermarkt am 3. Oktober diesen Jahres am Teutoburger Platz in Prenzlauer Berg läßt der Polizei keine Ruhe. Wie Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gestern im parlamentarischen Innenausschuß sagte, hat eine aus 20 Kripobeamten bestehende Sonderkommission die Ermitlungen übernommen und inzwischen „rund 750 Befragungen“ durchgeführt. „Dabei sind wir auf eine ganze Reihe aussagekräftiger Zeugen gestoßen.“ Über den Ermittlungsstand wollte Saberschinsky nichts sagen, um diese nicht zu gefährden, versicherte aber: „Wir sind an der Sache dran, arbeiten sehr intensiv und wollen abwarten, was letzlich dabei rumkommt.“

Wie berichtet haben sich autonome Gruppen zu dem professionell durchgeführten Anschlag bekannt, bei dem die Kaiser's-Filiale am Teutoburger Platz vollkommen ausgebrannt war. Die Aktion, so hieß es in einem Bekennerschreiben, sei eine „Warnung an die Tengelmanngruppe (Kaiser's, Plus usw.), sich an dem geplanten Wertgutscheinsystem für alle 32.000 in Berlin lebenden Flüchtlinge zu beteiligen“. Auch der Polizeipräsident sprach gestern von einem Vorgehen „besonderer Qualität“. Die aus „unterschiedlichen Gruppierungen bestehende Tätergruppe“ habe ihr „konzertiertes Vorgehen“ von langer Hand geplant. Auf den Zufahrtswegen von Polizei und Feuerwehr seien Fahrzeuge angesteckt, Straßenbeleuchtungen „ausgeschaltet“ und Krähenfüße verstreut worden. „Zu dem Einsatz fahrende Beamte und Privatpersonen wurden mit Steinen und Molotowcocktails beworfen.“ Nachdem der Supermarkt in Brand gesetzt worden sei, hätten sich die Täter auf „vorbereiteten Wegen organisiert abgesetzt“ und dabei Molotowcocktails und Vermummungsmaterial „abgelegt“. Daß sich die Bevölkerung mit dem Anliegen der Täter solidarisiere, sei „eindeutig nicht der Fall“, stellte der Polizeichef fest, ohne allerdings seine Quellen dafür zu benennen. Die Bevölkerung sei vielmehr „tief empört“, weil sie durch den Angriff auf die eigene Versorgung „getroffen“ worden sei.

Nach Angaben von Saberschinsky liegen dem Staatsschutz keine Erkenntnisse dafür vor, daß zwischen dem Brand und anderen Anschlägen „ein unmittelbarer Zusammenhang“ besteht. Er meinte damit drei angezündete Autos in der Friedrichstraße, 13 beschädigte Fahrzeuge in einem Ausstellungsraum des Opel-Hauses am Moritzplatz sowie 39 zertrümmerte Schaufensterscheiben bei Hertie in Kreuzberg. Zu letzerem hatte sich eine namenlose Gruppe gegenüber der taz mit Hinweis auf den Todestag der RAF-Gefangenen am 20. Oktober bekannt. Plutonia Plarre

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