Ermittlungen im Neukölln-Komplex: Ein ganz anderes Gewicht
Innensenator Andreas Geisel unternimmt einen erneuten Anlauf für die Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) will den Generalbundesanwalt erneut bitten, die Ermittlungen zur mutmaßlich rechtsextremen Anschlagserie in Neukölln zu übernehmen. Wie die Innenverwaltung am Mittwoch auf taz-Anfrage mitteilte, sei ein entsprechender Brief vorbereitet worden, der in den nächsten Tagen das Haus verlassen werde. Neben der Übernahme der Ermittlungen rege Geisel darin auch an, die Straftaten als Rechtsterrorismus einzustufen.
Beides sind Forderungen, die die Betroffenen der Anschläge schon lange erheben. Der Generalbundesanwalt hatte zuletzt im Januar abgelehnt, die Ermittlungen an sich zu ziehen. In Fällen rechtsextremer Straftatenkomplexe in anderen Bundesländern, etwa bei der Gruppe Freital oder der Rechtsterrorgruppe Revolution Chemnitz, hatte die Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt zu schnellen Erfolgen geführt.
„Anders als bei den sächsischen Behörden hat der Generalbundesanwalt bei Berlin offenbar das Vertrauen, dass die Landesbehörden die Ermittlungen selbst führen können“, sagte der Anwalt Sven Richwin, der mehrere der Neuköllner Opfer vertritt, am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion zum Thema. Angesichts der zahlreichen Ungereimtheiten der Berliner Ermittlungen, insbesondere seitens der Polizei, sei dieser Eindruck aber offensichtlich nicht gerechtfertigt.
Staatsanwaltschaft wollte sich nicht äußern
Gegenüber der taz erklärte ein Sprecher der Innenverwaltung am Mittwoch, die Forderung des Innensenators sei keine Misstrauenserklärung gegen die eigenen Behörden. „Es geht einfach darum, dass die Sache noch mal ein anderes Gewicht bekommt, wenn der Generalbundesanwalt das übernimmt.“ Die Staatsanwaltschaft Berlin wollte sich auf Anfrage nicht zu der Forderung Geisels äußern.
Bei der Veranstaltung am Dienstagabend im SO36 diskutierten neben Sven Richwin auch die Thüringer Linken-Politikerin Katharina König-Preuß und der Neuköllner Lokalpolitiker Ferat Kocak, der selbst von einem Brandanschlag betroffen war. Neben der Übernahme der Ermittlungen fordern die Betroffenen auch die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, der in den Blick nehmen soll, ob es auch in Berlin Verstrickungen zwischen den Ermittlungsbehörden und der rechten Szene gibt.
Das Bündnis Neukölln lädt für den 26. September zu einer Veranstaltung zum Thema in die Fritz-Karlsen-Schule in Britz ein. Dort sollen unter anderem Mitglieder der Initiative Basta, die momentan jeden Donnerstagmorgen vor dem Berliner Landeskriminalamt protestiert, mit dem Grünen-Politiker Benedikt Lux und weiteren Gästen diskutieren.
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