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Ermittlungen gegen Dieter RomannBundespolizei-Chef ein Rechtsbrecher?

Dieter Romann flog in den Irak um einen mutmaßlichen Mörder nach Deutschland zu holen. Nun wird gegen ihn wegen Freiheitsberaubung ermittelt.

Nachspiel für eine juristisch heikle Mission: Dieter Romann Foto: Reuters

Berlin taz | Die Aktion war mehr als ungewöhnlich: Im Juni war Bundespolizeichef Dieter Romann in den Nordirak geflogen, um den mordverdächtigen Ali B. nach Deutschland zu holen. Der Iraker soll zuvor die 14-jährige Susanna F. aus Mainz erstochen haben und war geflüchtet. Romann brachte ihn persönlich zurück – und erregte damit schon damals einiges Aufsehen.

Nun könnte die Mission auch ein juristisches Nachspiel für den obersten Bundespolizisten haben: Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main gegen Romann wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Das Verfahren werde schon seit Längerem geführt, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main der taz. Zuvor hatte der SWR darüber berichtet. Das Ergebnis der Ermittlungen ist offen.

Bereits nach der Aktion im Juni gab es Anzeigen gegen Romann, unter anderem von einem Strafverteidiger. Ali B. soll im Mai Susanna F. vergewaltigt und ermordet haben. Die Tat sorgte für große Schlagzeilen. Der Iraker setzte sich in seine Heimat, die kurdische Region im Nordirak, ab. Kurdische Sicherheitskräfte nahmen Ali B. dort schließlich fest und übergaben ihn am Flughafen Erbil mehreren Bundespolizisten – darunter dem eigens angereisten Chef Dieter Romann. Zusammen flogen sie in einer Lufthansa-Maschine zurück nach Frankfurt/Main.

Schon kurz danach gingen mehrere Anzeigen gegen Romann ein, unter anderem von einem Strafverteidiger. Was hatte Romann in Erbil zu suchen? Und wie konnte Ali B. im Flieger landen, obwohl es kein offizielles Auslieferungsersuchen des Auswärtigen Amtes an die irakische Regierung in Bagdad gab? Die Bundesregierung deklarierte den Vorgang damals als Abschiebung. Aber auch das Bundesinnenministerium lavierte: Erst wurde behauptet, man habe von der Aktion erst nachträglich erfahren, dann wusste man doch vorab Bescheid.

„Niemand der Freiheit beraubt“

Romann selbst ließ sich am Donnerstag von seinem Sprecher verteidigen. „Ich darf Ihnen versichern, dass der Präsident des Bundespolizeipräsidiums niemanden der Freiheit beraubt hat“, beteuerte dieser. Es seien kurdische Behörden gewesen, die Ali B. damals festgenommen und in das Flugzeug in Erbil gebracht hätten. Die Bundespolizisten an Bord – darunter auch Romann – hätten „ausschließlich ihre Aufgaben zum Schutz des Luftverkehrs und der an Bord befindlichen Passagiere“ wahrgenommen, so der Sprecher.

Ob diese Version die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main überzeugt, wird man sehen. Ali B. sitzt bis heute in Untersuchungshaft. Die Tötung von Susanna F. soll er gegenüber Ermittlern eingeräumt haben.

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13 Kommentare

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  • Ach Leute - jetzt kommt mal wieder runter. Auch ein Polizeichef ist schließlich nur ein Mensch und wem von uns ist es denn noch nie passiert, dass er mal eben mit ein paar Kollegen auf Spesen in den Irak geflogen ist? Wenn dann beim Rückflug ganz zufällig auch ein mutmaßlicher Mörder mit an Bord sitzt, dann ist es doch nur gut, dass die Polizei sich das ganz genau anschaut - oder etwa nicht? Ruft der rechte Mob hier „Ausländer abschieben“, ist es Euch nicht recht, holt die Bundespolizei hier einen mutmaßlichen Mörder aus dem Irak zurück, ist es Euch auch nicht recht. Dabei wird in Deutschland derzeit doch ganz offensichtlich nichts dringender gebraucht als straffällige Ausländer. So ein mutmaßlicher Mörder ist schließlich fast überall ver-wendt-bar. Fragt mal den Thomas de Maizière, oder den Seehofer Horst, oder den Volker Kauder, oder den Fürst der fehlenden Hose, gell. Die erklären Euch das schon an zahlreichen Beispielen ganz genau. Dat darf doch nit wohr sin! «(º¿º)»

  • Jau wie *¿* & mal davon ab - daß Polizei nach dem



    Grundgesetz immer noch Ländersache ist.



    Sollte der Chef einer ehem. Grenzschützertruppe.



    Doch a weng - Nachdenken! Newahr - eh er - & gar selbst handelt! Woll.



    Ob es wirklich hilft. Daß stupidia non nocet…?



    Dummheit nach dem 2. jur. Staatsexamen nicht schadet! Gell.



    Darf hier allerdings sehr bezweifelt werden.



    Drauf wetten würd ich nicht.



    &



    Wünsche alles - Schlechte.

    unterm——-



    Einer Behörde, die gerichtsnotorisch unlängst u.a. dadurch in -



    Erscheinung getreten ist. Daß die Aussagen von als Zeugen geladenen -



    Beamten von den Großkopferten vorher abgestimmt worden waren! Newahr.



    Die sollte mit so einer mehr als dümmlichen Einlassung - wa!



    “Romann selbst ließ sich am Donnerstag von seinem Sprecher verteidigen. „Ich darf Ihnen versichern, dass der Präsident des Bundespolizeipräsidiums niemanden der Freiheit beraubt hat“, beteuerte dieser. …“



    Nicht unbedingt hausieren gehen! Laienpreisverdächtig! Aber Hallo.



    Normal.

    • @Lowandorder:

      kl. Korrektur

      Der Preis ist ja wg der jüngsten Ereignisse Bund - umbenannt! Gelle!

      “Dilettantenstadel Bund“

      Da gibt’s aber einige - doch doch - Frühstarterkandidaten - scho! Newahr.



      Normal.

      Kann noch echt spannend werden*¡*



      Na Si‘cher dat. Da mähtste nix.



      Njorp.

      • @Lowandorder:

        hier verfassungsblog.de...eutschland-geholt/ wurde der fall Dieter R. sehr schön aufgedröselt.



        ansonsten: ich anschließe mich.

        • @christine rölke-sommer:

          Das die Aktion rechtlich auf sehr wackeligen Füßen steht und illegal ist, war doch klar.

          Aber wie sang es Slime so schön, legal, illegal, scheißegal. Die BRD wollte den Mann wiederbekommen, die Sicherheitskräfte und die Regierung des Nordirak sind der Bundesrepublik zutiefst dankbar dafür, daß die Bundeswehr ihnen ihre Altbestände überlassen hat, die Milan Raketen waren auch schon fast über dem Datum der zulässigen Nutzbarkeit, die hätten wir teuer entsorgen müssen und hatten überhaupt nichts dagegen der BRD den Mann zu überlassen.

          Wem wurde durch die Aktion geschadet? Die Republik Irak hat in Kurdistan nichts zu sagen, der Protest war sehr überschaubar, die Kurden haben uns gern geholfen und Knast in Deutschland ist auch schöner als im Irak und hier bekommt er ein rechtsstaatlichen Verfahren.

          • @Sven Günther:

            Paßt halt nicht zusammen.

            “Das die Aktion rechtlich auf sehr wackeligen Füßen steht und illegal ist, war doch klar.…"



            &



            "…und hier bekommt er ein rechtsstaatlichen Verfahren."



            Eben damit gerade von Anfang an nicht

            kurz - Was einen Rechsstaat ausmacht, ist Ihnen ebensowenig klar - wie dem sauberen Herrn Dieter Romann (&noch einigen anderen unserer lausigen verbeamteten Großkopferten & Politikaster!)

            • @Lowandorder:

              Nur weil man jemanden entführt, um eine Person in der Bereich der eigenen Jurisdikation zu verbringen, heißt es nicht das er hinterher kein rechtsstaatlichen Verfahren bekommt.

              Monsieur Bamberski hat z.B. auch den Mörder seiner Tochter nach Frankreich entführen lassen, weil die BRD ihn nicht ausliefern wollte. Das Verfahren in Frankreich war ein rechtsstaatlichen Verfahren, das eine muss nichts mit dem anderen zu tun haben.

              • @Sven Günther:

                verfassungsblog.de...eutschland-geholt/

                “…Auch der Familie der Getöteten hat die Bundespolizei einen Bärendienst erwiesen: Das Strafverfahren gegen Ali B. leidet nun unter einem Verfahrensfehler, der die Frage aufwirft, ob nicht ein dauerhaftes Verfahrenshindernis besteht – dies wird ggf. höchstrichterlich zu klären sein.…“ & die dortigen Ausführungen zu - Rspr. BVerfG & EGMR.

                Was aber aufstößt ist Ihr - “Wem wurde durch die Aktion geschadet?…“ usw.



                &



                Das ist genau die rechtsfreie Denke vom Ergebnis her - dieses feinen Herrn Dieter R. & der ist nunmal qua Grundgesetz an Recht&Gesetz gebunden & kein Privatmann am Stammtisch in action.

                • @Lowandorder:

                  Es hätte ansonsten nie ein Verfahren gegeben, in ihrem Blog steht es auch nochmal ganz deutlich, "von vornhinein Rechtshilfehindernis, denn nach Art. 21 Abs. 1 der irakischen Verfassung von 2005 darf kein irakischer Staatsbürger einer fremden Macht ausgeliefert werden."

                  Was glauben Sie, warum der dahin abgehauen ist? Keine Auslieferung, Verfahren dort, eher schwieriger, sieht man an ähnlichen Fällen in der Türkei.

                  Das der Mann juristisch gesehen eine Straftat begangen hat, war ihm sicher klar und eine Verurteilung wird im Vorgehen eingepreist gewesen sein.

                  • @Sven Günther:

                    Wenn ich auch keinen Block habe - ;)

                    Fein bis zur Kennlichkeit entstellt.



                    Indolent - nennt sich‘s - hm*¿*

                    • @Lowandorder:

                      Sprachlich unsauber von mir, der von Frau Röhlke-Sommer verlinkte Blog, auf den Sie sich beziehen.

                      Das mag Ihnen so erscheinen, aber ich würde da nach Abwägung der Möglichkeiten, der möglichen Nachteile und ob man ich es vor meinem Gewissen vertreten kann, zur gleichen Entscheidung kommen.

                      Manchmal muss man dem Recht zu seinem Recht verhelfen.

                      • @Sven Günther:

                        btw - zisch - mailtütenfrisch

                        “SVEN GÜNTHER: "..Manchmal muss man dem Recht zu seinem Recht verhelfen. "







                        Durch Unrecht? Übergesetzliche Notdurft schonn wieder mal?“

                        Tja - sind so Fragen.

        • @christine rölke-sommer:

          Danke für den link.

          unterm——



          Zynisch gesprochen - könnte -



          Herr MP van Lasset - ja mal in seinem unsäglichen Zitatenschatz kramen.



          Erschreckend ist - daß ganz offensichtlich - in Folge des Skandals Steinmeier/Maaßen - jegliche grundgestzlich zwingend gebotenen rechtsstaatlichen Bremsen zunehmend außer Vollzug sind - hier ja evident - aus profilneurotischen Gründen mit Django-Mentalität - ohne einen Funken von Nachgedanken. & Wie schon bei anlaß&rechtsgrundlos - Murat Kurnaz - trotz klarer gegenteiliger Evidenz (Studi 3. Sem kl. Öffentl/Strafrecht!) - Sich bewußt rechtsahnungslos - ;(( Verhaltend & Anschließend dümmlich-dreist wie zuvor dieser saubere Herr Maaßen - & letztlich auch der Herr - heute auf Bellevue - auch noch stellen.



          Es ist schlicht erbärmlich.