Erleichterte Erbfallregelung in der EU: Der Tod ist schon traurig genug
Erben wird einfacher. Das Europäische Parlament stimmte einer Verordnung zu, die das rechtliche Durcheinander bei länderübergreifenden Erbfällen vereinfacht.
BRÜSSEL taz | Die Regelung von grenzüberschreitenden Erbfällen wird einfacher in der EU. Das Europäische Parlament hat am Dienstag einer entsprechenden Verordnung zugestimmt. „Bisher gab es oft Streit, welches Recht angewendet werden soll, wenn zum Beispiel der Verstorbene in Spanien lebte, aber Deutscher war und seine Nachkommen auch in Deutschland wohnen. Dieses rechtliche Durcheinander bedeutete für die Angehörigen viel Aufwand und hohe Kosten.
„Das wird jetzt anders“, sagte der CDU-Europa-Abgeordnete Kurt Lechner, der im Parlament für die Verordnung verantwortlich ist. Rund 450.000 Erbschaften pro Jahr sind in der EU nicht auf ein einziges Land beschränkt. Das sind rund zehn Prozent aller Erbfälle mit einem Wert von 123 Milliarden Euro. Bisher sind die Mitgliedsstaaten darauf bedacht, die Erbfälle jeweils nach ihrem nationalen Recht zu regeln. Sie erkennen zum Beispiel Gerichtsentscheide aus anderen EU-Ländern nicht an. Besonders kompliziert wird das, wenn das Erbrecht in den beteiligen Staaten nicht das gleiche ist.
„Die Erbfolge kann unterschiedlich sein. Auch die Pflichtanteile für Kinder sind nicht EU-weit die gleichen. Das ist ein ziemliches Chaos“, sagt Lechner. Dies wird sich nun ändern. Nach der neuen EU-Verordnung gilt für das gesamte Erb-Vermögen das Recht des Landes, in dem sich der Lebensmittelpunkt des Verstorbenen befunden hat – außer der Betroffene hat in seinem Testament eine andere Regelung festgelegt. Außerdem wird es einen EU-weiten Erbschein geben, den die Angehörigen für Behördengänge wie die Eintragung in Grundbücher oder auch den Zugang zu Bankkonten nutzen können.
„Der Tod eines Familienmitglieds ist schon traurig genug. Da kann man zusätzliche rechtliche Kopfschmerzen nicht gebrauchen“, sagte die EU-Kommissarin Viviane Reding.Die Erbschaftssteuer wird durch die neue Verordnung allerdings nicht geregelt. „Dieses Thema wollten die EU-Staaten nicht angehen, obwohl es auch da durchaus Probleme gibt“, sagt Kurt Lechner. Außerdem bleiben zwei EU-Staaten außen vor: Groß-Britannien und Irland wollen sich an der neuen EU-weiten Regelung nicht beteiligen.
Sie haben bereits eine Ausnahmeregelung erstritten. „20 Verhandlungsrunden im Rat in den vergangenen zwei Jahren haben nicht gereicht, um sie zu überzeugen. Das ist besonders ärgerlich, weil es gerade in diesen Ländern Möglichkeiten gibt, Vermögen von Erben in Trusts und Stiftungen zu verstecken“, sagte die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger. Jetzt müssen die übrigen EU-Mitgliedsstaaten noch formal zustimmen. Allerdings gilt ein positives Votum als sicher, weil sich die Minister bereits im Vorfeld mit den EU-Abgeordneten auf den Verordnungstext geeinigt hatten.
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