Erinnerung an rassistische Gewalt: Stipendium statt Straße
Dresden würdigt die 2009 ermordete Marwa El-Sherbini. Statt eine Straße nach der Ägypterin zu benennen, schreibt die Stadt ein Stipendium aus.
DRESDEN taz | In Dresden sind CDU und FDP bemüht, bei der Erinnerungskultur an rassistische und nazistische Gewalttaten das Gesicht zu wahren. Der Stadtrat stimmte dem Vorschlag von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) zu, ein Stipendium im Gedenken an die 2009 im Gerichtssaal ermordete Ägypterin Marwa El-Sherbini einzurichten.
In der ersten Jahreshälfte hatte das sogenannte bürgerliche Lager gemeinsam mit den beiden NPD-Stadträten noch Straßenumbenennungen nach El-Sherbini und nach der von den Deutschen 1937 bombardierten spanischen Stadt Guernica abgelehnt. CDU-Fraktionschef Georg Böhme-Korn unterstellte dabei den Initiatoren, sie wollten Dresden mit einem „Netz der Schande“ überziehen.
Im Plenum stimmte nur die NPD gegen das Stipendium, die Linke enthielt sich. Der Wissenschaftler Anthony Hymann vom Dresdner Ausländerrat durfte die Vorlage an Stelle der Oberbürgermeisterin einbringen. Er sah darin „ein Zeichen, dass Menschen aus dem Ausland, die zur Zukunft des Landes beitragen wollen, hier wirklich willkommen sind“. Auch der Ehemann der Ermordeten zeigte sich erfreut. Linken-Stadtrat Andreas Baumann begrüßte die Stipendiumsvergabe grundsätzlich, kritisierte aber dessen Ausstattung sowie das Vergabeverfahren.
Symbolpolitik
Die praktische Seite dieser Ehrung lässt in der Tat reine Symbolpolitik vermuten. Ganze 750 Euro monatlich ist der Stadtspitze das Stipendium wert, die Hälfte davon trägt auch noch der Freistaat Sachsen. Bewerben können sich Masterstudenten Dresdner Hochschulen, Auswahlkriterien sind nicht genannt. Für die Vergabe dieses einzigen zweijährigen Stipendiums wird extra ein umfangreiches Kuratorium zusammengerufen. Baumann kritisierte, dass ihm keine Vertreter der sonst gegen Ausländerhass engagierten Initiativen angehören sollen, und nannte das gesamte Vorhaben „halbherzig und nicht überzeugend“.
Nach dem Scheitern der Straßenumbenennungen sieht man bei Linken, SPD und Grünen zunächst keine politische Mehrheit mehr dafür. Guernica-Opfer können nach Auffassung von Union und FDP auch in einer allgemeinen Gedenkstätte geehrt werden, die in der Busmann-Kapelle am Ort der zerstörten Sophienkirche eingerichtet werden soll. Diese Gedenkstätte aber wird in Dresden sehr kontrovers diskutiert.
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