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Ergebnisse der COP26Dennoch ein Fortschritt

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Auch die Glasgower Konferenz endet mit vielen verwässerten Formulierungen. Gleichwohl zeigt COP26, warum es solche Klimagipfel braucht.

Protestplakat in Glasgow während der Weltklimakonferenz Foto: Lee Smith/reuters

D ie Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen sind immer mit gemischten Gefühlen verbunden. Ihre Mission, die Erde für ihre Be­woh­ne­r:in­nen bewohnbar zu halten, können sie nie ausreichend erfüllen. In die nationale Politik, dort also, wo die klimafreundliche oder klimaschädliche Wirtschaftspolitik letztlich gemacht wird, greifen die Verhandlungen nicht ein.

Dass die Weltklimagipfel zur unmittelbaren Senkung der Emissionen führen, was als das einzig wahre Maß für erfolgreichen Klimaschutz gelten muss, ist deshalb praktisch ausgeschlossen. Das gilt auch für die COP26, für den Glasgower Weltklimagipfel, der am Samstagabend mit einem Tag Verspätung endete. Muss man ihn deshalb prinzipiell abschreiben? Vielleicht nicht. Glasgow hat einen Abschlussbeschluss vorgelegt, der erstmals den Finger in die Wunde legt.

Die fast 200 Regierungen erklären, dass die Kohlenutzung heruntergefahren werden muss und dass ineffiziente Subventionen in fossile Energieträger auslaufen müssen. Die Formulierungen sind zwar das Ergebnis von Verwässerung. Dennoch: Es ist ein Fortschritt, wenn eine Weltklimakonferenz anerkennt, dass das Problem bei den fossilen Energien liegt, auch wenn diese Erkenntnis eine Selbstverständlichkeit ist.

Ein formaler Gewinn

Weder wissenschaftliche Studien noch der gesunde Menschenverstand sind rechtsverbindlich. Internationale Beschlüsse aber schon. Kein Land kann gegenüber politischen Partnern oder vor Gericht noch ernsthaft behaupten, nicht davon ausgegangen zu sein, dass ein Kohleausstieg entscheidend sei. Das ist ein Gewinn – wenngleich nur ein formaler. Praktisch ist keine klimaschutzwillige Regierung auf so einen Beschluss angewiesen.

Dennoch gibt es auch Aspekte von Klimakonferenzen, die sich direkt auswirken. Dazu gehört der Streit über Klimageld, das die Industrieländer aufgrund ihres Wohlstands und der hauptsächlichen Verantwortung für die Klimakrise armen Ländern versprochen haben. Dort sind die Mittel bitter nötig, einerseits zur Anpassung an den Klimawandel, andererseits zum Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft. Bisher fließen diese Gelder aber nicht in versprochener Höhe.

Hier setzt der Abschlussbeschluss an, der die reichen Staaten dazu auffordert, die besonders vernachlässigte Finanzierung für die Klimaanpassung zu verdoppeln. Die immer drängendere Frage, wer für Schäden und Verluste durch die Klimakrise aufkommt, landet bisher nur in einem neuen Dialogformat. Das ist enttäuschend, denn es sind diese Fragen um globale Verantwortung und Gerechtigkeit, die keine Regierung allein klären kann. Genau dafür braucht es im Grunde die Weltklimagipfel.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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3 Kommentare

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  • Im Moment wird noch so getan als gelte es ein 1.5 Grad Ziel zu schaffen dabei läuft es schon auf 2,4 Grad hinaus. Da bei uns Großprojekte bekanntlich etwas länger brauchen, können wir auch jetzt schon anfangen unsere Städte unter die Erde zu verlegen. Das ist dann die anstehende technische Lösung anstelle von CO2 Einsparungen. Das wird dann noch einmal ganz spannend für die schwarze Null oder wird es die FDP schaffen genug privates Kapital zu mobilisieren?

  • CO2 ist ein Stoffwechselprodukt. Es lässt sich nur durch einen geringeren Stoffumsatz verringern. Die Konzentration auf die fossile Energieerzeugung greift deshalb zu kurz!



    Es gibt keine klimafreundliche Wirtschaft, solange sie dem wirtschaftlichen Wachstum verschrieben bleibt. Dass dies der Fall ist, hat die COP26 bewiesen. Verteidigt wurde die nationalen ökonomischen Interessen der Gegenwart, mit dem Ziel, neue Absatzmärkte und Investitionsstandorte in derzeit nur mäßig konsumfähigen/armen Regionen zu fördern.



    Aus mindestens zwei Gründen sind die rein ökonomischen Beschlüsse zum Scheitern verurteilt:



    1. die erforderlichen Rohstoffe zum Aufbau dieser "klimafreundlichen Wirtschaft", wie auch für die "klimafreundlichen Konsumgüter", bleiben auf einem begrenzten Planeten begrenzt.



    2. Sie müssen mit dem gegenwärtigen Energiemix aufgebaut und betrieben werden, zumeist auf CO2-Senken.

    Wenn ich es richtig verstanden habe, "müssen" die fossilen Industrienationen gar nichts, sie sollen. Sie sollten auch schon in Paris, ja, sie sollten sogar schon in Kopenhagen, nach den "Grenzen des Wachstums" (1972) und "Global 2000" (1980).



    Solange die Klimadiskussion unter dem Diktat ökonomischer Interessen geführt wird, wird sich nichts ändern. Die Transformation von einer Wachstumsökonomie in eine andere Wachstumsökonomie (mit Klimaaufkleber) löst weder unsere Gegenwarts- noch unsere Zukunftsprobleme. Siehe Gründe oben.

  • Dass wir reichen Säcke die armen Länder mehr unterstützen müssen ist klar. Nur installiert sich dadurch nicht automatisch eine ökologisch sinnvolle dauerhafte Lösung. Wenn die Weltbank, wie hier im Film erklärt, www.youtube.com/watch?v=jgJ-0_zVT08 auf den Malediven eine Müllverbrennungsanlage mit 10 Mios unterstützt, die aber anschliessend nicht ins Laufen kommt, ist das schon mal ein schönes schlechtes Beispiel. Denn: die Malediven sind kein armes Land am BSP gemessen (Verteilung ist wie bei uns ein anderes Thema). Die Regierung hat publikumswirksam schon vor etlichen Jahren eine Parlamentssitzung auf den Meeresboden verlegt um auf den steigenden Meeresspiegel hinzuweisen. Nur haben sie zu der Zeit noch ihren gesamten Müll ins Meer gekippt und den Haufen angezündet (läuft wohl auch noch so).



    Statt sich mal um den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft (im Film kurz bei Minute 19 zu sehen) zu kümmern wird jetzt die "moderne" Technologie der Verbrennung installiert. Für mich die Lösung von gestern, die jetzt gerne von uns als Hilfe exportiert wird.



    Die tapfere Frau Shaahina Ali, die hier im Film als die Frau, die sich um das Müllproblem kümmert, gezeigt wird, wird von der ngo "parley for the ocean" bezahlt. Wie kann das sein? Was macht die Regierung?



    Ich denke es wird eine starke internationale Kontrollinstanz brauchen um regional sinnvolle Investitionen zu tätigen, die nicht den ökologisch-sozialen Zielen entgegenstehen (a la Subvention für Kohle....) und Korruption (hier wie dort) verhindert.