Ergebnis des neuen Schattenfinanzindex: Die Schweiz, Mama der Steueroasen
In der Top 10 der Steueroasen sind die Schweiz und USA – doch Europas größte Wirtschaftsmacht ist ein sicherer Hafen für Schwarzgeld aus aller Welt.
Die Schweiz ist die „Mutter aller Steueroasen“. Die Schweizer Banken managen mehr als 2,5 Billionen Euro ausländischen Vermögens und erreichen damit einen Anteil von 25 Prozent am Weltmarkt. Großbritannien erscheint zwar offiziell nicht in der Top 10, aber die Londoner Banken steuern die Briefkastenfirmen in den britischen Überseegebieten und Kronbesitztümern – wie den Kaimaninseln, Guernsey, den Virgin Islands oder Antigua und Barbuda. Das Vereinigte Königreich wird daher vom Tax Justice Network als „die heimliche Nummer 1“ der Steueroasen bezeichnet.
Aber auch die größte Wirtschaftsmacht Europas ist ein sicherer Hafen für Schwarzgeld aus aller Welt. TJN-Steuerexperte Markus Meinzer klagt: „Deutschland bremst bei Verschärfungen auf EU-Ebenen und hat beschlossene Änderungen nur unvollständig umgesetzt.“
Auf Deutschland entfallen über 5 Prozent der Gelder, die weltweit gezielt außer Landes gebracht werden, um heimische Steuergesetze zu umgehen. Deutschland hat zwar kein Bankgeheimnis, dennoch bleiben genug Schlupflöcher. So ist es noch immer ziemlich einfach, eine Briefkastenfirma zu gründen. Zwar gibt es neue Berichtspflichten für Banken – aber dies gilt nur für Gesellschaften außerhalb der EU. Zudem sind Anwälte und Steuerberater ausgenommen, wie TJN moniert. Das Bundesfinanzministerium schätzt, dass in Deutschland allein 2014 über 100 Milliarden Euro gewaschen wurden.
Außerdem fehlt es an Personal, um die Steuergesetze durchzusetzen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert, dass bei den Steuerbehörden 16.000 Stellen fehlen. Kein Zufall. Das TJN vermutet, dass die Bundesländer einen „versteckten Steuerwettbewerb“ betreiben, indem sie ihre Unternehmen nur lax kontrollieren: So gibt es in Berlin 489 Einkommensmillionäre – davon wurden im Jahr 2016 nur 11 überprüft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands