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Erdogan will Studenten trennenIntervention im Wohnzimmer

Der türkische Ministerpräsident will Studentenwohnheime nach Geschlechtern trennen. Die Opposition kritisiert, er mische sich ins Privatleben der Bürger ein.

Mann und Frau in einem Bett? Geht gar nicht, wenigstens nicht für Studis in der Türkei, meint Ministerpräsident Erdogan Bild: dpa

ISTANBUL afp | Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat mit einer Forderung nach Geschlechtertrennung bei der Unterbringung von Studierenden einen heftigen Streit ausgelöst. Die Opposition in Ankara warf Erdogan am Mittwoch vor, sich in das Privatleben der Bürger einmischen zu wollen. Regierungspolitiker verteidigten dagegen die Position Erdogans, der sich derzeit auf einer Auslandsreise befindet. Der Regierungschef hatte seine Initiative mit konservativen Moralvorstellungen begründet.

Erdogan hatte in den vergangenen Tagen mehrfach gesagt, seine Regierung wolle es nicht hinnehmen, dass unverheiratete Studentinnen und Studenten gemeinsam wohnten. In drei von vier staatlichen Wohnheimen ist die Geschlechtertrennung nach seinen Worten bereits vollzogen. Auch bei anderen Studentenwohnungen werde die Regierung aus ihren konservativen Grundüberzeugungen heraus „intervenieren“.

Haluk Koc, Sprecher der Oppositionspartei CHP, warf der Regierung vor, die Bürger ausspionieren zu wollen. CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu hatte am Dienstag gesagt, Erdogan wolle die Türkei zu einem Nahost-Staat machen, in dem es keine gemeinsame Bildung für Jungen und Mädchen mehr gebe. Erdogans Gegner werfen dem Ministerpräsidenten seit langem vor, insgeheim eine islamistische Agenda zu verfolgen.

Erdogan, der am Mittwoch Finnland besuchte, äußerte sich zunächst nicht weiter zu dem Thema. Vizepremier Bekir Bozdag betonte, der Regierungschef handele auf der Grundlage der Verfassung, nach der die Regierung zum Schutz der Jugend verpflichtet sei. Mehrere türkische Zeitungen zitierten allerdings Rechtsexperten, die von einer Verletzung der Grundrechte sprachen. Zudem seien die allermeisten Studenten volljährig, weshalb sich die Regierung nicht auf den Schutz der Jugend berufen könne.

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9 Kommentare

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  • Diese Geschlechter-Trennungen sind m.E. vordemokratisch, wenn sie von oben herab verordnet werden. Ich finde, solche Maßnahmen sollten bei den EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei kritisch gewürdigt werden. Und wenn sie nicht abgestellt werden, sollte man die Türkei vorerst nicht aufnehmen.

  • D
    Durchgeknallt

    Islamofaschist Erdogan hat nun komplett den Verstand verloren. Kurz vor den anstehenden Kommunalwahlen

    geht es nun zum Einen darum, von den unpopulären Gesetzesänderungen der Regierung abzulenken (wichtige Gesundheitsleistungen, wie z.B. Zahnarzt, Augenarzt sollen aus dem staatlichen Leistungskatalog entfernt werden) und zum Anderen den hartgesottenen Kern der AKP-Wählerschaft stärker an sich zu binden. Ich bin nicht der Ansicht, dass die Türkei reif für die EU ist (schon gar nicht mit ERDOWAHN), aber in der Türkei gibt es inzwischen eine starke demokratisch gesinnte zivilgeschaftliche Basis, die durch ernsthafte EU-Beitrittsverhandlungen motiviert werden kann. Das wäre ein wichtiges Signal für den gesamten Nahen Osten. Sollte sich die Türkei durch eine ernsthafte Beitrittsperspektive doch noch zu einem Rechtsstaat entwickeln, würde dies eine Stärkung für die demokratischen Kräfte der anderen islamischen Länder bedeuten, was wiederum eine wirtschaftliche Stabilisierung nach sich ziehen würde und folglich auch die Flüchtlingsproblematik entschärfen würde. Ob es uns pass oder nicht, aus globaler Sicht sollte die Türkei in die EU.

  • U
    UPDATER

    Dieser Artikel ist nicht ganz korrekt. Korrekt ist der Satz, "..die Regierung will es nicht hinnehmen, dass unverheiratete Studentinnen und Studenten gemeinsam wohnten." Erdogan hat damit alle Bürger aufgerufen, die Polizei anzurufen, falls im Haus eine gemischte WG existiert. Dann kommt die Polizei, nimmt die Personalien der Student(inn)en auf (schon x- Mal geschehen in den letzten Tagen). Danach werden sie polizeilich registriert und die Eltern kontaktiert, als hätte man einen unangemeldeten Puff gefunden. In den Wohnheimen ist die Geschlechtertrennung seit Jahren vollzogen; wenn man bis 21:00 Uhr nicht drin ist, kann man woanders übernachten. Man kann dem Bericht insofern zustimmen, dass so etwas bei uns undenkbar ist und man es halt anders verstanden hat.

  • I
    irre

    Gegen Erdogan/AKP waren Strauß/CSU geradezu linksintellektuelle Atheisten.

    Trotzdem spielen SPD und Grüne die Agenda der türkischen Regierung. Mann, ist das irre!

  • E
    Erdowahn

    Erdogan wird die Polygamie wieder einführen. Dann können alle Studenten-WG-Bewohner alle heiraten, und dieser Fascho-Pimmel Erdogan ergießt sich vor Glück.

  • J
    John

    Nachdem nun der erste Schritt Richtung Freiheit und Demokratie mit dem Fallenlassen des Kopftuchverbots gemacht wurde, kann man den weiteren Schritt nur begrüßen! Die Zukunft des Landes sollte Wichtigeres tun, als sich gegenseitig in Studentenheimen notgeil anzuglotzen. In Tel-Aviv und in den USA, sogar in München wird das genauso gehandhabt. Bald kann die Türkei endlich in die EU kommen.

  • ???

    Wtf? Welche "antifa" symphatisiert mit erdogan?

    Die antifaschisten die ich kenne solidirarisieren sich mit den anarchistinnen und aufständischen in der türkei.

  • W
    Westfale

    Als Nächstes kommt das Trennen nach der Religionszugehörigkeit, und dann nach der Rasse.

     

    Wann erkennt man eigentlich, was für ein Mensch dieser Typ mit dem Schnauzbart innerlich wirklich ist?

     

    Wie kann die Antifa auf der Seite eines Erdogan sein?

  • Was für ein weltfremder Hinterwaldschrat ist das eigentlich, dieser islamistisch verblendete Erdogan ?

    Dieser Mensch ist vollkommen aus der Zeit gefallen !

    Und mit sowas führen wir ernsthafte EU Beitrittsverhandlungen ?