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Erdgasförderung in DeutschlandFracking in Schutzgebieten möglich

Der Gesetzentwurf für das umstrittene Fracking steht. Es soll zwar mehr Auflagen als bisher geben – aber weniger als geplant.

11.10.2014: Protest gegen Fracking in Pfullendorf, Baden-Württemberg. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat den Gesetzentwurf zur Regelung der umstrittenen Fördermethode Fracking verteidigt. Sie werde künftig „nur noch unter schärfsten Auflagen“ möglich sein, sagte Hendricks. Der Gesetzentwurf ist nach langen Auseinandersetzungen mit dem CDU-geführten Kanzleramt am Donnerstag zur Abstimmung an die anderen Ministerien geschickt worden. Im Vergleich zu den Eckpunkten, auf die sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium bereits im Sommer geeinigt hatten, werden die Einschränkungen darin aufgeweicht.

Beim Fracking wird mit Chemikalien und Sand versetztes Wasser mit hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um das darin eingeschlossene Erdöl oder -gas freizusetzen. Kritiker befürchten eine Verunreinigung des Trinkwassers durch die Fracking-Flüssigkeit oder das bei der Förderung freigesetzte Lagerstättenwasser, das meist mit Schadstoffen belastet ist.

Konventionelles Fracking, bei dem in Deutschland Gas aus meist in großer Tiefe liegenden Sandsteinschichten gelöst wird, wurde vor allem in Niedersachsen auch in der Vergangenheit schon eingesetzt. Diese Technik soll außerhalb von Naturschutz- und Trinkwasserschutzgebieten erlaubt bleiben. In sogenannten „Natura 2000“-Gebieten, die nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützt sind, kann diese Art von Fracking – anders als in den Eckpunkten geplant – hingegen genehmigt werden. In jedem Fall ist künftig eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich; zudem darf die verwendete Flüssigkeit allenfalls schwach wassergefährdend sein.

Das stärker umstrittene unkonventionelle Fracking von Gas aus höher gelegenen Schiefer- und Kohleflözgesteinen gelöst wird, sollte oberhalb von 3.000 Metern Tiefe zunächst gar nicht kommerziell gefördert werden dürfen.

Kommerzielle Förderung genehmigen

Auch dieses Verbot wird aufgeweicht, bestätigte das Umweltministerium: Unternehmen können außerhalb von Schutzgebieten zunächst Probebohrungen beantragen, deren Ergebnisse dann von einer sechsköpfigen Experten-Kommission ausgewertet werden. In dieser sollen Wissenschaftler aus Landes- und Bundesbehörden sowie drei Forschungsinstituten sitzen.

Sofern die Kommission die Förderung in der betroffenen geologischen Formation mehrheitlich für unbedenklich hält und das Umweltbundesamt die verwendete Fracking-Flüssigkeit als nicht wassergefährdend eingestuft hat, können die zuständigen Landesbehörden eine kommerzielle Förderung genehmigen. Eine Pflicht zur Genehmigung durch die Behörden bestehe nicht, betonte das Umweltministerium. Allerdings sei damit zu rechnen, dass Unternehmen Klage erheben, wenn die Behörden einen Antrag auf kommerzielles Fracking nach einer erfolgreichen Probebohrung trotz eines positiven Votums der Kommission nicht genehmigen, hieß es.

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4 Kommentare

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  • Fracking ist wie der Ritt auf einer Kreissäge! Nur die Folgen und Schmerzen kommen nach dem Fracking etwas später!

    Auffällig beim scannen des „Fracking-Gesetz-Entwurfes“ (38 Seiten) ist, das Wort Überwachung, dass 22 mal vorkommt. Einschließlich der Begriffe wie: Oberflächenwasserüberwachung, Überwachungskonzept, Überwachungsmaßnahmen, Überwachungsbehörde.

    Überwachung: Asse, Brokdorf??????

    Hendricks täuscht das Volk – grünes Licht für Fracking geplant

    http://www.gegen-gasbohren.de/2014/11/20/hendricks-taeuscht-das-volk-gruenes-licht-fuer-fracking-geplant/

  • Mit Fracking-Interessen verhält es sich ebenso, wie beim "wissenschaftlichen Walfang": Begrenzungen werden nicht akzeptiert. Und die Unwahrheit wird von der herrschenden Lobby-Politik erfolgreich medial verbreitet.

     

    Der kurzfristige Profit, nicht die qualitativen und sozial-ökonomisch-ökologischen Zukunftsinteressen unser Kinder, bestimmt auch weiterhin jede spezialdemokratische Fehlentscheidung.

    Demnächst auch wieder eine BDI-BND-GroKo-Entscheidung für die Atomenergie und die Vernichtung unserer Erde?

     

    Wir brauchen in unserer zukünftigen Gesellschaftsordnung ein sozialpolitisches und sozialökologisches Primat der Gesellschaftspolitik! Im Kapitalismus der "Sozialpartner" der Bourgeoisie, der Miethauskonzerne, der Finanzspekulanten und Hauptaktionäre, gibt es keine Entscheidung im sozialökologischen Interesse der werktätigen Bevölkerungsmehrheit.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Und Dank TTIP wird auch dieser Schleier bald von der angeblich restriktiven Genehmigungspraxis gerissen werden. Fracking und damit Umweltgefährdung in allerhöchstem Maße wird kommen, es sei denn - wir wehren uns mit allen Mitteln dagegen und gegen dieses demokratiekillende TTIP Abkommen. Die Politiker werden es nicht verhindern, schon gar nicht Gabriel oder Merkel...

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Die Parteien werden es nicht richten, ne. Das Parlament wird eh immer mehr zum Anhängsel der EU-Kommision. "Souveränität abgeben" und trallala... deutet man darauf hin wird man schnell als AFDler oder Rechter hingestellt. Und über das Gemeinsschaftsgesäusel, was im Kleinen auch wichtig ist, immer mehr eine EU-Zentrale manifestiert, die über Landverwaltungsparlamente bestimmt. Die Oberfrechheit: was fast 300 Organisationen in ganz Europa dagegen auf die Beine stellen wird einfach nicht beachtet. Die Bürger nicht befragt usw. Allein der Hinweis auf "parlamentarische Demokratie" soll es richten - man könne sich ja beteiligen... Tja, wenn die Eliten egal welcher Couleur eh alle das gleiche wollen und man keine Entscheidungsbefugnis über die Männer in der Kommission hat, außer einem neuerdings als Alibifunktion, lächerlich.