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Erdbeben in JapanTsunami-Alarm am Atomkraftwerk

Ein Erdbeben der Stärke 7,4 in Japan löst eine schwache Flutwelle am Reaktor in Fukushima aus. Inzwischen wurde die Tsunami-Warnung wieder aufgehoben.

Zu nah am Wasser gebaut? Das Atomkraftwerk Fukushima wird immer wieder von Tsunamis bedroht Foto: ap

Tokio afp | Ein starkes Erdbeben hat am Dienstag im Gebiet des japanischen Katastrophenreaktors Fukushima eine neue Tsunami-Flutwelle ausgelöst. Die Flutwellen hätten die Küste vor dem Kraftwerksgelände mit einer Höhe von rund einem Meter erreicht und offenbar keine größeren Schäden angerichtet, teilte der Reaktorbetreiber Tepco mit.

Eine Erdbeben- und Tsunamikatastrophe hatte im März 2011 im Kraftwerk Fukushima eine desaströse Kernschmelze ausgelöst.

Nach Behördenangaben wurden sechs Menschen leicht verletzt, fünf von ihnen in der Präfektur Fukushima. Das neuerliche Erdbeben in Nordost-Japan hatte laut Messungen der Japanese Meteorological Agency eine Stärke von 7,4. Das Epizentrum lag unter dem Meeresboden vor Fukushima. Nach den starken Erdstößen gaben die Behörden für die Pazifikküste eine Tsunami-Warnung heraus: Es sei eine bis zu drei Meter hohe Flutwelle zu erwarten.

Das japanische Fernsehen rief die Bewohner der betroffenen Küstenabschnitte auf, sich sofort in höher gelegene Regionen in Sicherheit zu bringen. Auf dem Bildschirm wurde ein rot-weißer Warnhinweis eingeblendet: „Tsunami! Fliehen Sie!“ Die höchsten Flutwellen maßen nach einem Bericht des Senders NHK rund 1,40 Meter.

Kabinettsminister Yoshihide Suga bestätigte die Angaben des Atomkraftwerk-Betreibers: „Es gab keine größeren Schäden an den Reaktoren Fukushima Daiichi oder Onagawa“, sagte er in Tokio. Ministerpräsident Shinzo Abe wies die Behörden während eines Besuchs in Argentinien an, die Schäden zu begutachten und umgehend die nötige Hilfe zu leisten.

Das Beben erinnert an 2011

Einem Bericht der Agentur Kyodo zufolge brach nach dem Beben in der südlich von Fukushima gelegenen Stadt Iwaki ein Feuer in einer Raffinerie aus, das aber schnell wieder gelöscht wurde. Ein Sprecher der Stadtverwaltung, Nobuyuki Midorikawa, sagte: „Es war ein ziemlich starkes Beben, aber wir haben keine Berichte über Opfer erhalten.“

Die Erdstöße waren bis in die Hauptstadt Tokio zu spüren. Die Verbindungen des Schnellzugs Shinkansen wurden vorübergehend eingestellt, auch der Flughafen Sendai bei Fukushima stellte den Betrieb ein.

Die Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe am 11. März 2011, bei der 18.500 Menschen starben, hatte im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi einen schweren Störfall ausgelöst. Das Kühlsystem fiel aus, woraufhin es in mehreren Reaktoren zur Kernschmelze kam. Die Umgebung wurde radioaktiv verseucht. Es war die folgenschwerste Atomkatastrophe seit dem Unglück in Tschernobyl 1986.

Der Tsunami-Forscher James Goff von der australischen University of New South Wales sagte, er gehe nicht davon aus, dass die Flutwellen nach dem neuerlichen Beben die Höhe der Tsunamiwellen des Jahres 2011 erreichten. Nach taz-Berechnungen war das damalige Erdbeben mit einer Stärke von 9,0 etwa 250 Mal so stark wie das aktuelle.

„Auch 90 Zentimeter hohe Tsunamis können schädlich sein“

Allerdings sei auch bei schwächeren Beben Vorsicht angebracht, weil auch diese unterseeische Erdrutsche auslösen könnten, die wiederum zur Bildung von Tsunamis führen, so Goff. „Selbst Tsunamis von nur 90 Zentimeter Höhe können sehr schädlich sein“, sagte der Professor.

Japan erlebt in der Regel mehrere schwerere Erdbeben pro Jahr. Unter dem Inselstaat laufen vier Erdplatten zusammen, deren Reibung die Beben verursachen kann.

Knapp sieben Stunden nach dem schweren Erdbeben hat die japanische Zivilschutzbehörde die Tsunami-Warnung für die Ostküste wieder aufgehoben. Die Gefahr durch Flutwellen infolge der Erdstöße bestehe nicht mehr, erklärte die Behörde am Dienstag.

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1 Kommentar

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  • "Nichts schlimmes passiert" ist die Standard-Sprechblase, die auch dann bereits Ekel auslöst, wenn sie lediglich in Medien Teil nüchterner Berichterstattung ist.

     

    Ob wirklich nichts schlimmes passiert ist, wissen wir frühestens in einigen Wochen, also zu einem Zeitpunkt, der ausreicht, daß sich Verantwortliche bis dahin wieder beruhigt und erneut darauf geeinigt haben, daß alles so weitergehen soll wie bisher.