Entwürfe für Checkpoint Charlie: Hoch hinaus oder leicht gekippt
Am Montag entscheidet eine Jury über die Zukunft des Checkpoint Charlie. Die Grünen sind mit dem Verfahren gar nicht glücklich.
Für den Checkpoint Charlie ist am Montag der Tag der Entscheidung. „Wir werden uns einen Tag lang Zeit nehmen, um die sieben Entwürfe zu diskutieren“, sagt Manfred Kühne, Abteilungsleiter Städtebau bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Am Donnerstag Abend hatte Kühne eine Ausstellung mit den Entwürfen der Büros Caramel Architekten, Cobe Berlin, David Chipperfield Architects, Graft, Hild und K Architekten, Jürgen Mayer H. und Partner sowie Sauerbruch Hutton eröffnet.
Die Entwürfe der sieben Architekturbüros sind das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens, das das Büro Urban Catalyst für die Senatsverwaltung organisiert. „Für diesen besonderen Ort haben wir nicht die klassische Form des Wettbewerbes gewählt, sondern wir verzahnen städtebauliche Verfahren und Partizipationsverfahren miteinander“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Samstag.
Nun aber bekommen Lompscher und ihre Verwaltung Gegenwind aus den Reihen der rot-rot-grünen Koalition. „Ich fühle mich verschaukelt“, sagte Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen am Samstag der Berliner Morgenpost. Als Abgeordneter höre er, dass es bereits weitreichende Absprachen zwischen Senat und Investor gebe. Davon erfahre er aber nur aus den Medien und nicht im Parlament.
Tatsächlich hatten Senat und Investor Trockland, der am Checkpoint Charlie unter anderem ein Hard Rock Hotel bauen möchte, bereits einen „Letter of Intent“ unterschrieben. Darin sichert Trockland zu, auf dem Grundstück westlich der Friedrichstraße ein Museum des Kalten Krieges mit einer Fläche von 3.000 Quadratmetern zu bauen, das der Senat mieten würde.
Die Kulturverwaltung begrüßte die Einigung, kommt sie damit doch dem lange gehegten Wunsch nach einem solchen Museum näher. Protest kam dagegen vom Landesdenkmalrat. Die Denkmalschützer erreichten, dass das Ensemble wegen seiner Bedeutung als Ort der Teilung Berlins unter Schutz gestellt wurde. Demnach müssen 1.000 Quadratmeter Freifläche rechts und links der Friedrichstraße erhalten bleiben, damit man noch ermessen kann, was für einen Einschnitt ins Stadtbild ein innerstädtischer Grenzübergang dargestellt hat. Das war auch der Grund, warum die sieben Architektenbüros ihre ursprünglichen Entwürfe noch einmal überarbeiten mussten.
Eine normale Jurysitzung wird das Treffen am Montag noch aus einem anderen Grund nicht werden. Wie Manfred Kühne bei der Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag mitteilte, werde zwar ein städtebaulicher Entwurf ausgesucht, mit dem man dann weiterarbeite. Unmittelbar darauf aber wird bereits das Büro Graft Architekten mit der Planung des Hard Rock Hotels an der Ostseite beauftragt. Das ist zwischen Graft und Trockland, die bereits seit längerem zusammen arbeiten, so vereinbart. Das bedeutet: Egal, wer den Wettbewerb gewinnt, die Ostseite wird vom Graft-Büro gebaut. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs ist nur die Grundlage für einen weiteren Architekturwettbewerb.
Nicht nur die Grünen kritisierten dieses Verfahren, auch die oppositionelle CDU. „Ganz offensichtlich fehlt dem Senat jede Sensibilität für die Entwicklung am Checkpoint Charlie“, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Evers, ebenfalls gegenüber der Morgenpost. Insgesamt sei die Ausstellung der Entwürfe nur von Donnerstag Abend bis Samstag gezeigt worden, um dann am Montag eine Entscheidung zu treffen. „Nach jahrzehntelangem Warten muss nun auf einmal alles ganz schnell gehen, möglichst ohne störende öffentliche Debatte“, so Evers.
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