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Entwicklungsminister in der KritikPlus Eins im Regierungsjet

Gerd Müller (CSU) soll seine Ehefrau mehrmals mit auf Dienstreisen genommen haben. Für Abgeordnete war deswegen offenbar kein Platz im Flieger.

Reserviert für seine Frau regelmäßig einen Sitz im Regierungsflieger: Minister Gerd Müller Foto: dpa

Berlin afp/taz | Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist wegen der Mitnahme seiner Ehefrau bei Auslandsdienstreisen in Regierungsmaschinen in die Kritik geraten. Die Bild am Sonntag berichtete, Gertie Müller-Hoorens habe seit der Bundestagswahl 2017 bei sieben Ministerreisen in Entwicklungs- und Schwellenländer mit in einer Maschine der Flugbereitschaft der Bundesregierung gesessen. Gleichzeitig sei den entwicklungspolitischen Sprechern der Oppositionsfraktionen von FDP und Grünen in dieser Legislaturperiode keine Teilnahme an einer Auslandsdienstreise angeboten worden.

Der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Hoffmann, sagte der Zeitung, in der gesamten Legislaturperiode habe es „nicht eine Einladung“ gegeben. „Mehrfach habe ich das angesprochen. Die Reaktion war: Das sei so, er als Minister könne nun mal bestimmen, wer mitreist.“ Müller tue der Entwicklungspolitik keinen Dienst, wenn er Parlamentarier systematisch von Informationen vor Ort ausschließe, kritisierte Hoffmann. Auch der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Uwe Kekeritz, sei seit 2014 kein einziges Mal mit Minister Müller mitgereist, berichtete die BamS.

Bei einer Reise war laut Zeitung auch für den Koalitionspartner SPD kein Sitz im Regierungsflieger übrig: Der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Raabe, wurde demnach zwar für die Afrikareise im Februar 2020 eingeladen, kurz darauf aber wieder ausgeladen. Minister Müller sei nicht mit einem Airbus der Flugbereitschaft geflogen, sondern mit einer kleineren Regierungsmaschine vom Typ Global mit nur zehn bis 13 Delegationsplätzen – ein Sitzplatz davon sei von Gertie Müller-Hoorens besetzt gewesen.

Laut Bild am Sonntag ist Müller der einzige Minister aus dem Kabinett, der die Möglichkeit nutzt, seine Frau in der Regierungsmaschine mitzunehmen. Im Oktober 2017 ging es nach Uganda und Ägypten, im August 2018 nach Eritrea, Äthiopien, Mosambik, Botsuana, Simbabwe, Tschad und Ghana, im Oktober 2018 nach Tunesien, im Januar 2019 nach Malawi und Sambia, im August 2019 nach Kenia, Ruanda und Kongo, im Februar 2020 erst nach Nigeria, Sudan, Ägypten, dann im selben Monat noch nach Indien und China.

Selbstbeteiligung unklar

Wie viel die Ehefrau des Ministers für die Reisen in der Regierungsmaschinen zahlte, ist laut Zeitungsbericht unklar. Minister Müller durfte demnach selbst bei jeder Reise festlegen, ob seine Frau im Bundesinteresse mitfliegt oder als sonstige Begleitung. Im ersten Fall werden 30 Prozent eines Lufthansa-Economy-Tarifs für die Strecke fällig, im zweiten Fall sind es 100 Prozent des Lufthansa-Economy-Tarifs. Ein Sprecher des Entwicklungsministeriums erklärte gegenüber dem Blatt: „Im Falle der Begleitung des Ministers durch die Ehefrau bezahlt diese alle anfallenden Reisekosten, Visa-, Hotel-, Flug- und Verpflegungskosten selbst.“

Müllers Amtsvorgänger Dirk Niebel (FDP) sieht für die Mitreise einer Ministerehefrau keine „dienstliche Notwendigkeit“, wie er Bild am Sonntag sagte. Die Plätze in einer Delegation seien „sehr knapp und wertvoll“. Er habe „immer Vertreter des Parlaments, der Zivilgesellschaft, der Medien und Wirtschaft mitgenommen“. Komplett skandalfrei war allerdings auch Niebel während seiner Amtszeit nicht gereist: Während eines Besuchs in Afghanistan kaufte er einen Teppich, den er später in einem Flugzeug des BND nach Deutschland transportieren ließ, ohne ihn beim Zoll anzumelden.

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8 Kommentare

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  • "Während eines Besuchs in Afghanistan kaufte er einen Teppich, den er später in einem Flugzeug des BND nach Deutschland transportieren ließ, ohne ihn beim Zoll anzumelden."

    Wer noch nie etwas geschmuggelt hat, werfe den ersten Stein.

    Schlimmer fand ich, dass er mit seiner speckigen Bundeswehrmütze bei Besuchen im Ausland herumgelaufen ist.

    Als Entwicklungsminister.

  • Hat sie nun bezahlt oder nicht? Das wird doch noch feststellbar sein?

  • Verstehe hier den vermeintlichen Skandal nicht: "Müller durfte demnach selbst bei jeder Reise festlegen, ob seine Frau im Bundesinteresse mitfliegt". Dass die Oppositionspolitiker nicht mitfliegen scheint ja eine grundsätzliche Entscheidung zu sein (die man kritisieren mag), die aber nichts mit dem einen Platz weniger zu tun hat.

  • Wenn man schon den unwichtigsten Job in der Regierung hat, erkundet man wenigstens mit der eigenen Frau ein bisschen die Welt...

    • @Sven Günther:

      Jenau!

      Das Thema ist zwar abgelutscht mit Teppich und kennt ihr noch Sabine Bergmann-Pohl, die nach Petra zum Wüstenkonzert fuhr.

      Das muß jetzt nur noch den hart, arbeitenden Menschen irgend wie rübergebracht werden!

    • @Sven Günther:

      Liggers.

      Frage mich nur - warum dieses Duodezfürstentumgehabe - Mätresse immer an Bord - so unausrottbar ist - wie offene Hose! Gern auch runtergelassen.



      &



      Das gilt für jede Ebene. Nich to glöben.



      So beschädigt die Ehefrau des von mir wahrlich geschätzten Kollegen im Innenhof - nummerierter Zugang - ein parkendes Auto (nochdazu anderer Gerichtsbarkeit!;)) & tut doch schon erstmal wie Tulpe. Jeder denkt - “Hier ist meine Karte & Überweisung“ & Gut is! Weit gefehlt! “Da wolle sich wohl jemand gesundstoßen etc!“



      Wer FinRi & speziell diesen Ladestock kennt - kann nur resigniert abwinken.



      & höheren Orts ? Aber Bitte!



      Ein MP in Dunkeldeutschland - vor Wende Minister - darf&wählt als sparsamer Landesvater - bleibe bleibe beihilfemäßig beim Bund.



      Der Landesmutter wird - weil exterritorial gelegen die Beihilfe für eine Kur auf - Däh! - Lanzerote abelehnt.



      Klar. Klage - heftigst bewegtes anwaltliches Vorbringen ob dieser Majestätsbeleidigung! Was unterstehe!!



      Denke “Hola fehlt ja wohl fast an allem!“



      Aber - die Sache unterfällt dem Kollegen alter Hase &! Rheinländer! Ach was!



      & Däh



      Der richtete in etwa folgendes Schreiben an die Klägerseite: “Es sei dem Gericht natürlich bewußt daß - wie den Medien ja vielfältig zu entnehmen - die Frau Landesmutter sich in ganz besonders engagierter Weise um das Landeswohl einbringe. Und - nicht in Rede stehend - dieserhalb - durchaus auch mehr Energie, Mut und Lebensfreude - als ein wichtiger erster Schritt zu einem Plus an Lebensqualität und Gesundheit bedürfe.



      Nur dürfte andererseits Einigkeit bestehen - daß die Frau Landesmutter auch & gerade in Würdigung ihrer besonderen Stellung - nicht den Status einer Beamtin innehabe.“

      unterm——



      “ Beamte des öffentlichen Dienstes haben Anspruch auf eine Reha oder eine Anschlussheilbehandlung in verschiedenen Kurkliniken. Eine Reha (Sanatoriumsaufenthalt) ist oft der Schlüssel zu mehr Energie, Mut und Lebensfreude - ein wichtiger erster Schritt zu einem Plus an Lebensqualität und Gesundheit. …“

    • @Sven Günther:

      Ich finde, dass der Job schon sehr wichtig ist. Voraussetzung ist natürlich, dass der Job gut gemacht wird.

  • Und nun bitte alle an Giffeys Skandale denken und die zweite Chance fordern. Oder besser geradeaus eine Meinung vertreten und mit gleichen Maßstäben messen und beider Abgang fordern.