Entscheidung über Tesla-Werkserweiterung: Ein fauler Kompromiss
Am Donnerstag berät der Grünheider Gemeinderat über den überarbeiteten Bebauungsplan. Gegner:innen fordern, die Bürgerbefragung zu akzeptieren.
„Ich blicke mit Sorge auf die Sitzung“, sagt Manu Hoyer, Mitglied der Bürgerinitiative Grünheide und Tesla-Gegnerin der ersten Stunde. Die derzeitigen Kräfteverhältnisse im Gemeinderat sprechen dafür, dass man dort den Weg für den umstrittenen Bebauungsplan frei macht. Dies umso mehr, als der Hauptausschuss bereits am 2. Mai eine Beschlussempfehlung für den B-Plan abgegeben hat.
Ursprünglich hatte Tesla geplant, sein 300 Hektar großes Betriebsgelände um weitere 110 Hektar nach Osten hin zu erweitern. Dafür hätten weitere 100 Hektar ökologisch wertvoller Wald im Landschaftsschutzgebiet gerodet werden müssen. Die zusätzlichen Flächen will der Konzern vor allem für einen Güterbahnhof und als Lagerflächen nutzen.
Aufgrund zahlreicher Bedenken von Anwohner:innen, Naturschutzverbänden und Behörden beschloss der Gemeinderat im Dezember, eine Bürger:innenbefragung über die geplante Erweiterung durchzuführen. Das Ergebnis des Votums im Februar war überraschend eindeutig: Fast 60 Prozent der Grünheider:innen stimmten gegen eine Erweiterung. Auch die Beteiligung war mit über 75 Prozent ungewöhnlich hoch.
Guter Kompromiss?
Nach der Abstimmung kündigte die Gemeinde eine Überarbeitung des Bebauungsplans an. Statt 100 Hektar sollen nur noch 53 Hektar gerodet werden. Der geplante Güterbahnhof kann weiterhin auf dem Gelände entstehen, dafür fallen Werkskindergarten und einige Lagerflächen weg. Einen „guten Kompromiss“ nennt Grünheides parteiloser Bürgermeister Arne Christiani den überarbeiteten Bebauungsplan.
„Es ist ein B-Plan für die Gemeinde Grünheide und nicht für Tesla“, sagt der Bürgermeister zur taz, „dabei geht es zum Großteil um die Erweiterung der Infrastruktur.“
Tesla plant, seine Produktionskapazitäten auf eine Million Fahrzeuge zu vervierfachen. Die Zahl der Beschäftigten will das Unternehmen nach eigenen Angaben von derzeit rund 12.000 auf bis zu 40.000 Arbeiter:innen erhöhen. Auch wenn diese Ziele angesichts der Massenentlassungen und Absatzschwierigkeiten durch die chinesische Konkurrenz heute utopisch erscheinen, plant auch das Land Brandenburg in seiner Verkehrsprognose mit einer deutlichen Erhöhung der Produktionszahlen.
„Tesla braucht diesen Bahnhof unbedingt“, sagt auch Steffen Schorcht von der Grünen Liga Brandenburg, „er ist Grundlage für die zweite Ausbaustufe des Werks.“ Allein mit Lastern ließe sich der Transport von Mensch und Material nicht bewerkstelligen. Die Erhöhung der Produktion bedeute jedoch auch, dass die Belastungen für Anwohner:innen und Natur unterm Strich eher zu- als abnehmen werden, auch wenn durch den Güterbahnhof ein Teil des Transports auf die Schiene verlagert wird.
Mehr Verkehr, mehr Belastung
Schorcht warnt den Gemeinderat davor, das Ergebnis der Bürger:innenbefragung zu ignorieren: „Das Votum ging ja klar um die Frage Erweiterung oder Nichterweiterung.“ Dass nun mit dem Erhalt eines Teils der Waldfläche versucht wird, eine Lösung des Konflikts zu präsentieren, sieht Schorcht als typische „Salamitaktik“ Teslas.
Der Umweltschützer befürchtet, dass auch das inmitten des Bebauungsplans und durch Straßen und Schienen eingehegte Waldstück später an Tesla verkauft wird. Bürgermeister Christiani beantragte bereits im Oktober vergangenen Jahres eine Herauslösung der gesamten Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet, was eine spätere Umwandlung in ein Industriegebiet deutlich vereinfachen würde.
Gegenüber der taz betont Christiani allerdings, dass er anstrebe, das 47 Hektar große Waldstück sowohl im Landschaftsschutzgebiet als auch im Besitz des Landes Brandenburg zu halten. Auch dieser Punkt findet sich am Donnerstag auf der Tagesordnung.
Tesla-Gegnerin Manu Hoyer traut den Aussagen ihres Bürgermeisters nur wenig: „Der neue Bebauungsplan ist eine Mogelpackung.“ Die Bevölkerung werde ständig „verarscht“ schimpft Hoyer. So behaupteten Tesla-Befürworter:innen, der Güterbahnhof sei nicht auf dem bestehenden Werksgelände realisierbar. Dabei sah der alte Bebauungsplan von 2019 genau diese Variante vor. „Wenn der B-Plan beschlossen wird, werden wir klagen“, kündigt Manu Hoyer an.
Zur Gemeinderatssitzung am Donnerstag kündigte das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“, in dem auch Hoyers Bürgerinitiative Grünheide organisiert ist, schon mal eine Protestkundgebung an. „Der B-Plan ist eine große Missachtung der Bürgerbefragung“, sagt die Bündnis-Sprecherin Karolina Drzewo zur taz. „Wir werden mit Plakaten, Bannern und Redebeiträgen noch mal auf das Ergebnis des Votums hinweisen.“
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