Entscheidung über Abschaltdatum: Schweizer AKW dürfen mehr als 60 Jahre laufen
Die Schweiz legt das Abschaltdatum für zwei Meiler fest. Die Ärzteorganisation IPPNW fordert, auch den Reaktor nahe der deutschen Grenze abzuschalten.
Vor siebeneinhalb Jahren – und noch unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Fukushima – hatten die Schweizerinnen und Schweizer in einer Volksabstimmung beschlossen, dass keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut werden dürfen. Im Gegenzug sollen die damals noch fünf laufenden – und ursprünglich für einen 40-jährigen Betrieb ausgelegten – AKW so lange am Netz bleiben dürfen, wie sie sicher sind. Darüber entscheiden allerdings allein die Betreiber und Behörden. Als erstes und bislang einziges AKW wurde 2019 das Kraftwerk Mühleberg abgeschaltet. Im August dieses Jahres aber schlug die Schweizer Regierung vor, neue AKW grundsätzlich zu ermöglichen.
Außer den beiden Reaktoren in Beznau laufen in der Schweiz noch die AKW Gösgen und Leibstadt. Für diese haben die Betreiber noch keine Restlaufzeiten festgelegt. Gegen einen Weiterbetrieb von Leibstadt, das wie Beznau dicht an der Grenze zu Deutschland liegt, hat sich am Donnerstag die Ärzteorganisation IPPNW gewandt. Sie übergab einen von 500 Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Unterstützern unterzeichneten Offenen Brief an das baden-württembergische Umweltministerium und an Vertreter im National- und im Bundesrat in Bern.
„Wir können nicht akzeptieren, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Schweiz damit herausreden, dass ihr Atomgesetz keine Laufzeitbegrenzung kennt“, sagte Jörg Schmid von IPPNW Deutschland. Das AKW Leibstadt müsse nach 40 Jahren Laufzeit abgeschaltet werden. „Radioaktivität macht nicht am Schlagbaum halt.“
Eine Studie des Genfer Instituts Biosphère identifiziert IPPNW zufolge das AKW Leibstadt als das „mit Abstand gefährlichste Atomkraftwerk für Deutschland“. Die verschiedenen Wetterszenarien zeigten, dass bei einem schweren Unfall die deutsche Bevölkerung stärker betroffen wäre als die Schweizer, so der Mitautor der Studie, der Onkologe Claudio Knüsli. „Wir schätzen, dass in Europa je nach Wetterlage zwischen 20.000 und 90.000 schwere strahlenbedingte Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkte oder Schlaganfälle auftreten würden“.
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