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Entscheidung im Diesel-SkandalVolkswagen zahlt Milliarden-Bußgeld

VW habe seine Aufsichtspflicht verletzt, befindet die Staatsanwaltschaft Braunschweig. Nun muss der Konzern eine Rekordsumme zahlen.

VW akzeptiert eine Milliardenstrafe, die Kritiker für noch zu gering halten Foto: dpa

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen den VW-Konzern ein Bußgeld von einer Milliarde Euro verhängt. Dies sei seines Wissens das höchste Bußgeld, das jemals gegen ein Unternehmen in der Geschichte der Bundesrepublik verhängt worden ist, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe am Donnerstag. Der Betrag setzt sich zusammen aus fünf Millionen Euro Ahndung (die Höchstsumme für fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht) und 995 Millionen Euro „Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile“.

Bei der Berechnung hat die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben die Ersparnisse einkalkuliert, die VW durch die Manipulation verzeichnen konnte. Im Gegenzug wurden aber die Kosten für die Nachrüstung manipulierter Fahrzeuge und etwaige „zivilrechtliche Schadenersatzansprüche“ gegengerechnet. Die so ermittelte Differenz geht an die niedersächsisches Staatskasse. Kurios: Da das Land Niedersachsen mit 20 Prozent an Volkswagen beteiligt ist, sind Zahler und Empfänger zumindest teilweise identisch.

Gegen Volkswagen und einzelne Konzernvertreter laufen europaweit Klagen wegen der Manipulation von Abgaswerten in 10,7 Millionen Diesel-Fahrzeugen. Unternehmen können in Deutschland im Gegensatz zu Personen allerdings nicht strafrechtlich belangt werden, weshalb Volkswagen nicht einfach zu Strafzahlungen verurteilt werden kann. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt, an dessen Ende nun das verhängte Bußgeld steht.

Zu dessen Zahlung hat sich Volkswagen bereits bereit erklärt. Man bekenne sich zur eigenen Verantwortung, teilte das Unternehmen mit. „Tausend Millionen Euro für eine Ordnungswidrigkeit ist schon eine Ansage“, sagte Oberstaatsanwalt Ziehe. Das Bußgeld sei schmerzhaft für Volkswagen. Jens Hilgenberg von den Kritischen Aktionären sieht das anders: „Das Bußgeld ist ein Witz, wenn man sich anschaut, um wie viele Fahrzeuge es beim Diesel-Skandal geht“, sagte Hilgenberg der taz. „Ganz zu schweigen von den Gesundheitsschäden, die VW durch die illegalen Manipulationen verursacht hat.“ Das Bußgeld sei allenfalls ein erster Schritt.

Erstmal keine Konsequenzen

Konsequenzen gibt es für geschädigte Kunden erst mal keine. Von der Zahlung profitieren sie nicht. Der VW-Konzern teilte mit, man gehe davon aus, dass die Beendigung des Verfahrens „erhebliche positive Auswirkungen auf weitere in Europa gegen die Volkswagen AG und ihre Konzerngesellschaften geführte behördliche Verfahren haben wird“.

Dafür gibt es allerdings keine Anhaltspunkte. Das Bußgeld hat keinerlei Bindungswirkung für Verfahren in anderen Ländern. Auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen Volkswagen-Vertreter hat das Urteil ebenfalls keinen Einfluss.

Größere Auswirkungen auf die Finanzsituation des VW-Konzerns dürfte das Bußgeld ebenfalls nicht haben. Allein im vergangenen Jahr machte Volkswagen 11,4 Milliarden Euro Nettogewinn.

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3 Kommentare

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  • In der SZ stand noch die Information, dass Konzerne in der EU für Verbrechen nicht zweimal bestraft werden können. Es wäre also so eine Art Schutzgeld für VW: Nachdem VW in Deutschland Strafe gezahlt hat, kann es die viel höheren Strafen in anderen EU-Ländern möglicherweise umgehen.

     

    Damit würde sich dann auch erklären, warum VW diese Strafe so sang- und klanglos akzeptiert...

    • @Hanno Homie:

      Es gibt - Gott sei Dank bislang - kein Unternehmensstrafrecht in Deutschland. Also keine Sorge.

       

      Auch wenn der Artikel juristisch suboptimal ist, die Antwort steht dort drin.

  • Da freuen sich aber die Manager von Volkswagen. Sie spendieren diese Milliarde sozusagen als Trinkgeld. Die niedrige Summe ermutigt doch nur das kriminelle Treiben weiterzuführen. Ebenso spielt man mit der niedrigen Summe direkt den anderen Autoherstellern direkt in die Hände.

    Und wie soll es nun mit den Geschädigten weiter gehen. Da fehlt doch etwas oder auch was in unserer Gesetzgebung.