piwik no script img

Entlastung für Koch

Staatsanwalt Wiesbaden sieht keine Anhaltspunkte für Mitwisserschaft des hessischen Ministerpräsidenten bei der Fälschung der CDU-Kassenbücher

WIESBADEN rtr/dpa ■ Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) war nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht über die Fälschung von Kassenbüchern seiner Landespartei in diesem Jahr informiert. Wie die Staatsanwaltschaft Wiesbaden gestern mitteilte, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass „Koch von den Vorgängen Kenntnis hatte oder sie gefördert hätte“.

Die Behörde bestätigte jedoch, dass sie wegen Urkundendelikten gegen eine Mitarbeiterin der Landesgeschäftsstelle der CDU ermittle. Die Mitarbeiterin soll ein Kassenbuch vernichtet und neu geschrieben haben, um eine schwarze Kasse zu vertuschen. Die Generalsekretärin der hessischen CDU, Otti Geschka, sagte dazu der Süddeutschen Zeitung, die Mitarbeiterin habe ein Kassenbuch „im Affekt“ vernichtet. Von neu geschriebenen Kassenbüchern wisse sie aber nichts.

Der frühere stellvertretende CDU-Landesgeschäftsführer Helmut Hehn soll bei einer Vernehmung eingeräumt haben, dass noch im Februar ein Buch über eine schwarze Parteikasse von einer Mitarbeiterin „nachträglich angefertigt“ worden sei.

Nach den neuen Vorwürfen gegen die hessische CDU wächst der Druck auf die FDP, die Koalition mit der Union in Wiesbaden aufzukündigen. Der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Peter Struck, appellierte an die Liberalen, entsprechende Schritte einzuleiten. Die Grünen-Bundesvorsitzende Renate Künast mahnte die FDP, „diesem Trauerspiel“ ein Ende zu machen. Auch Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Jürgen Möllemann forderte seine Parteifreunde auf, den Verbleib in der Koalition noch einmal zu prüfen. Die Hessen-FDP sieht dafür jedoch weiter keinen Anlass.

Koch wies alle Vorwürfe gegen ihn erneut zurück und lehnte einen Rücktritt ab. Rückendeckung bekam er gestern von CDU-Chefin Angela Merkel. Sie habe „keinen Anlass, an den Worten von Herrn Koch zu zweifeln“. Dem SPD-Chef und Bundeskanzler Gerhard Schröder warf Merkel vor, er habe, „ohne Beweise in der Hand zu haben, Vorverurteilungen vorgenommen“. Schröder hatte zu der CDU-Spendenaffäre gesagt: „Der Fisch stinkt vom Kopfe“, und damit indirekt die Rücktrittsforderungen an Koch unterstützt.

Der Spenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat die hessische Landesregierung unterdessen aufgefordert, ihm unverzüglich Ermittlungsakten der Wiesbadener Staatsanwaltschaft auszuhändigen. Ansonsten werde der Ausschuss bei seiner nächsten Sitzung am 14. September über die Einleitung rechtlicher Schritte entscheiden, kündigte der Vorsitzende Volker Neumann (SPD) an. Die CDU-geführte Landesregierung verweigert bislang die Herausgabe der Akten zu den Schwarzgeldkonten der hessischen CDU.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen