Enthüllung durch „Panama Papers“: Die einzige Antwort
Das Internationale Journalistenkonsortium inszeniert mit Dutzenden Medien die „Panama Papers“. Ist das eine Ausgrenzung anderer?
„John Doe“ nennt die Süddeutsche Zeitung in einem kurzen Video ihren Informanten, der ihr die Panama Papers zukommen ließ. „John Doe“ ist der englische Platzhalter für: Unbekannt. Ermittler nennen so beispielsweise noch nicht identifizierte Leichen oder mögliche, unbekannte Täter. „Interesse an Daten?“, fragt jener John Doe die Redaktion. „Wir sind sehr interessiert“, antwortet die Süddeutsche in dem Clip.
Mehr als ein Jahr ist diese Anfrage des Jedermanns her. Die SZ bekam anschließend laut eigenen Angaben von ihm über mehrere Monate auf verschlüsselten Wegen Daten um Daten übermittelt. Am Ende waren es 11,5 Millionen Dateien mit einer Gesamtgröße von 2,6 Terabyte. Eine enorme Menge, 1.500 Mal so groß wie die Botschaftsdepeschen von Wikileaks von 2010.
Das auszuwerten, ist von einer Redaktion allein kaum zu stemmen. Also wandten sich die Münchner an das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) in Washington, ein Projekt der gemeinnützigen Organisation Center for Public Integrity, finanziert durch Spenden unter anderem der Ford Foundation oder der The David and Lucile Packard Foundation.
Es ist der gleiche Weg, den im Februar 2015 die französische Le Monde beschritt. An sie waren die später als Swiss-Leaks bekannt gewordenen Daten der Großbank HSBC gelangt. Auch sie nutzte das Netzwerk und die Expertise des ICIJ, um der Datenflut Herr zu werden.
An der Auswertung der Panama Papers sollen 400 Journalisten von 100 Medienunternehmen in 80 Ländern beteiligt gewesen sein – mehr als jemals zuvor. Das ICIJ baute dafür eine neue Datenbank auf, um die vielen Dateien durchsuchbar zu machen. Allerdings macht das ICIJ mehr, als nur Daten an die KollegInnen zu verteilen, es koordiniert auch, wer überhaupt beteiligt wird.
Wo bleibt da die Konkurrenz?
In Frankreich ist das beispielsweise wieder Le Monde, in Großbritannien der Guardian sowie die BBC, in Italien L’Espresso und in Deutschland federführend die Süddeutsche, dazu der WDR und der NDR – die drei aus dem Rechercheverbund, den der frühere Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo leitet – eine privatwirtschaflich-öffentlich-rechtliche Verbindung, die schon häufiger kritisiert wurde: Alimentiert hier der Beitragszahler die Recherchen einer Zeitung? Und wo bleibt da die Konkurrenz?
Denn Auswahl bedeutet natürlich auch immer: Ausschluss. Andere Medien werden herausgehalten. In den nationalen Märkten ist häufig ein Printmedium beteiligt und womöglich noch ein Rundfunksender. Das ICIJ sichert seinen Partnern also auch Exklusivität. Die Panama Papers wurden bislang nicht als Rohdaten veröffentlicht. Sie sind aufbereitet: Wer ist beteiligt? Wo sind die Briefkastenfirmen?
Das ICIJ ist somit auch Gatekeeper: Wen lässt es ran an die Daten? Dass die beteiligten Häuser dann eine zumindest gattungsspezifische Exklusivität in ihren Märkten haben wollen, ist verständlich: Schließlich buttern sie ordentlich Arbeit hinein, und es ist nun einmal – zumindest bei den Verlagen – ihr Geschäft, Informationen zu sammeln, aufzubereiten und dann zu verkaufen oder zu vermarkten. Die Süddeutsche oder Le Monde hätte ihren Datenschatz wohl kaum herausgerückt, wenn sie sich nicht hätten sicher sein können, die darin verborgenen Geschichten exklusiv verbreiten zu können.
Bei allen Sorgen, dass in Washington ein neuer Gatekeeper heranwächst, bleibt die Erkenntnis, dass die Zusammenarbeit vieler Medien mit Hilfe des ICIJ die beste Antwort auf die Globalisierung der Märkte und die Internationalisierung der Finanzströme ist, die der Journalismus bislang gefunden hat.
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