Entführungen in der Sahara: Al-Qaida lässt Geiseln frei
Vier der vor Monaten in Niger verschleppten Geiseln, darunter eine Deutsche, wurden Behörden in Mali übergeben. Zwei Touristen befinden sich noch in Gefangenschaft.
BERLIN taz| Nach mehreren Monaten Geiselhaft in der Saharawüste hat die islamistische "Al-Qaida im Maghreb" vier von sechs Gefangenen freigelassen. Die zwei kanadischen Diplomaten Robert Fowler und Louis Gay sowie zwei Touristinnen, Gabriela Greiner aus der Schweiz und Marianne Petzold aus Deutschland, wurden am Mittwoch in der Stadt Gao in Mali den Behörden übergeben und gestern in die Hauptstadt Bamako gebracht.
Die Kanadier waren am 14. Dezember letzten Jahres in Niger verschwunden, während sie unterwegs in eine kanadisch geführte Goldmine waren. Tuareg-Rebellen bekannten sich zu ihrer Entführung. Am 22. Januar wurden vier europäische Touristen an der nigrisch-malischen Grenze verschleppt. Dazu bekannte sich "Al-Qaida im Maghreb". Zwei der vier sind noch in Haft.
Geiselnahmen von Europäern in der Saharawüste sind lukrativ. Wie die algerische Zeitung El Watan jüngst vorrechnete, erbrachte die Entführung von 14 europäischen Touristen in Südalgerien 2003 fünf Millionen Euro Lösegeld, die Entführung zweier Österreicher in Tunesien 2008 bereits 10 Millionen. Wie viel Lösegeld jetzt gezahlt wurde, ist nicht bekannt. "Bei all diesen Operationen sind die Unterhändler dieselben: lokale Würdenträger, die offiziell im Auftrag der betroffenen westlichen Regierungen handeln und dabei tatsächlich für die Terroristen sowie die Verantwortlichen aus Mali", so die Zeitung.
Alle Geiseln kamen in Mali frei, obwohl sie in Algerien, Tunesien und Niger gekidnappt worden waren. "Der Norden Malis ist im Begriff, ein Rückzugsgebiet für Verbrecher zu werden", kommentierte am Donnerstag die malische Zeitung Le Républicain, während El Watan in Algerien vom "Waziristan Afrikas" spricht, in Anlehnung an die Taliban-Hochburg in Pakistan.
Möglich wurde die Freilassung der Geiseln jetzt unter anderem durch Vermittlung Libyens. Anfang April fanden im libyschen Sirte die ersten Direktgespräche zwischen Regierung und Rebellen Nigers statt, gefolgt von einer Zeremonie in Mali, auf der im Beisein des libyschen Botschafters bewaffnete Tuareg ihre Waffen übergaben. Aus Algerien wird indes berichtet, der Al-Qaida-Führer Mokhtar Belmokhtar versorge die bewaffneten Gruppen der Region mit Waffen aus Libyen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett